Wildes Wohnzimmer

Die heißen Tropen beflügeln seit jeher die Fantasie und das Fernweh – mit „Urban Jungle“ holt man sich diese Sehnsucht nach Hause. Ein innovativer Interiorstil, der für mehr steht als nur ein paar Palmen neben dem Sofa oder auf der Terrasse.

Unsere Städte werden immer grüner.

Zumindest sollen sie es werden.

Urban Gardening auf Hausdächern oder sogar bepflanzte Fassaden an neu geplanten Hochhäusern werden immer mehr Realität. Dies hat nicht nur ästhetische Zwecke, sondern könnte das Mikroklima der Metropolen entscheidend verändern, da die Sommer immer heißer werden und gerade in den engen Straßen mit dichter Bebauung jede grüne Oase die Temperaturen erträglicher macht. Jede Pflanze trägt mit der Speicherung von Kohlendioxyd zur Abschwächung des Klimawandels bei. Die Tropen mit ihren Dschungelgebieten sind in dieser Bilanz unverzichtbar, doch gerade hier wird der größte Raubbau betrieben. Dabei sind diese Breiten der Inbegriff von Artenvielfalt und natürlicher Schönheit, die unsere Fantasie und die Sehnsucht nach dem Ursprünglichen anregen. „Urban Jungle“ ist da ein naheliegender Interiorstil, der in den letzten Jahren in die Wohnungen Deutschlands Einzug gehalten hat. Was mit innovativen Bepflanzungen von Innenräumen und Terrassen begonnen hat, ist längst ein ganzheitliches ästhetisches Konzept geworden, das nicht nur die Luft zu Hause verbessert, sondern auch das bewusste Wohngefühl verändert hat.

Das wichtigste Element des „Urban Jungle“ ist natürlich …

… die Schaffung einer üppigen, ganzjährig grünenden Pflanzenkulisse.

Sie ist ein Sieg über den Winter, die kalte und kahle Jahreszeit und steht für gesundes Wachstum, Erneuerung und die essentiellen Kräfte der Natur. Man kann dabei heimische mit exotischen Gewächsen wunderbar kombinieren. Natürlich sind gerade ausladende Palmen und Farne das Wahrzeichen dieses Stils, aber diese sind auch wunderbar genügsam, leicht zu halten und ihr sattes Grün bildet die gestalterische Basis, um sich die Welt der Tropen in die eigenen vier Wände zu holen. Man sollte sie aber nicht einsam in eine Ecke stellen, sondern ganze Gruppen in jeglicher Form und Größe arrangieren, um die Kontraste der unterschiedlichen Grüntöne oder farbenfrohen Blüten zu unterstreichen und so eine lebendige, bewegte Insel zu schaffen. Verwendet man dafür schlichte und irdene Töpfe und Schalen, so rundet sich das Bild ganz von selber ab. Besonders authentisch wirken einfach geflochtene Pflanzenkörbe, in denen man die handelsüblichen Tontöpfe wunderbar verstecken kann, und die eine sehr warme Anmutung ausstrahlen. Wichtig ist der Standort in natürlichem Licht und ausreichende Luftfeuchtigkeit, die man mit entsprechenden Systemen wie programmierbaren Zerstäubern, die ganz aktuell auch per App funktionieren, erreichen kann. In Schlaf- oder Kinderzimmern sollte man aber auf diese wuchernde Pflanzenwelt verzichten, da sie nachts in der Dunkelheit keinen Sauerstoff erzeugt, sondern selber verbraucht. Eine Beratung vom Fachmann bei der Auswahl ist wichtig, da einige tropische Gewächse durchaus giftig oder für Allergiker ungeeignet sein können und daher gerade im Spiel- und Schlafbereich des Nachwuchses nichts zu suchen haben.

Doch Pflanzen allein verleihen einem Wohnzimmer noch nicht …

… den authentischen „Urban Jungle Look,“ bei dem Nachhaltigkeit und Natürlichkeit oberstes Gebot ist.

Schlichtes Holz und Materialien wie Rattan, Bast oder Leinen sollten bei der Auswahl der Möbel an erster Stelle stehen. Diese elementaren Objekte dürfen auch gerne etwas verwittert und nicht perfekt deckend gestrichen sein. Hier berührt sich diese Welt mit dem immer noch angesagten „Shabby Chic“ des kultivierteren Landhausstils. Nur darf man hier durchaus wilder kombinieren, und selbst angelaufener Stahl oder andere Metalle mit entsprechender Patina sind erlaubt. Auf Glattpoliertes wie Chrom oder Messing sollte man hier getrost verzichten, denn es passt einfach nicht zur originalen Anmutung eines kolonialen Clubhauses oder Salons der Jahrhundertwende. Für die Bezüge oder Dekokissen bieten sich großflächige farbenfrohe Prints an, die entweder florale Muster oder auch authentische einfache Geometrien indigener Kulturen aufnehmen. So könnte man die Farben dieser Textilien in Abstimmung zu den vorhandenen Pflanzen auswählen, etwa gelbe Kissen zu entsprechenden Orchideen. Das klassische Sofa und normale Sessel durch bequeme farbige Bodenkissen und andere außergewöhnliche Sitzgelegenheiten zu ersetzen, kommt dem „Urban Jungle“ am ehesten entgegen, ist aber vielleicht zu konsequent für den Salon; für die Kinderzimmer dagegen aber bestimmt eine Überlegung wert. Nicht zu vergessen sind bunte Darstellungen von tropischen Tieren wie Papageien und anderen Vögeln, gefleckte Leoparden oder auch exotische Insekten. Diese Kreaturen kann man sich zu Deko-Zwecken natürlich auch in knalliger Keramik oder elegantem Porzellan anschaffen und akzentuiert im Raum verteilen.

Die Wandgestaltung hängt davon ab, welchen Effekt man erzielen möchte.

Nimmt man als Hintergrund ein leichtes Grün oder andere in der Natur vorkommende Töne, so wird das Arrangement als Ganzes wahrgenommen. Möchte man einzelne Pflanzen betonen, bietet sich ein gedecktes Weiß an, vor dem Blüten umso heller strahlen. Es gibt aber auch exotisch gestaltete Tapeten, die mit starken floralen Mustern das „UrbanJungle“-Feeling optimal zur Geltung bringen können. Vor nicht zu aufdringlichen Farben kann man wunderbar pastellige Sessel oder filigrane Tische mit den Prints kombinieren. Wichtig ist, die Leichtigkeit zu erhalten, die die Tropenpflanzen von sich aus im Raum ausstrahlen und das ganze nicht zu überladen. Daher sollte man diese botanischen Prints vielleicht nur an einer einzelnen Wand als Blickfang einsetzen und so dem Raum sein besonderes Flair geben. Es ist, wie gesagt, ein ganz eigener Landhausstil, bei dem auch ein weißer Holzboden, Dekorationen aus alten Holzobjekten oder selbst dezente abstrakte Kunstwerke gut funktionieren und der lebendigen, bewegten Fülle der Fauna einen beruhigenden Akzent entgegensetzen. Manchmal ist es auch ein einzelner gefundener Farn, den man in einem Rahmen an der Wand platziert, der so zu einem kleinen Kunstwerk wird.

In Dekorationsfragen kann man sich so richtig austoben.

Da wird in diesem Umfeld eine Vase in Ananasform, die man sich sonst nicht unbedingt auf dem Flohmarkt mitnimmt, zu einem stimmigen, witzigen Accessoire, in dem man eine exotische Blume pflanzen kann. Eine Vase mit Affen als Henkel oder Spiegel in strahlender Sonnenform finden hier einen geeigneten Platz. Auf den Tisch kommt dann irdenes Geschirr in einfachen Formen auf Tischdecken, die auch wieder florale Muster haben können. Und endlich kann man auch stilecht einen Deckenventilator für das richtige Safarigefühl an der Decke platzieren. Aber „Urban Jungle“ ist natürlich nicht nur Afrika. Erinnerungsstücke aus Bali oder Südamerika lassen sich genauso gut integrieren. Es gibt zudem auch in München ambitionierte Händler, die wunderbare Kunst aus der Dritten Welt anbieten. Afrikanische Statuetten, schimmernde Buddhas oder indonesische Figurinen sind wunderbare Dekostücke. Oder halten Sie Ausschau nach Vernissagen junger Künstler aus allen Ländern der Erde, die sich mit ihrer Heimat und deren Ästhetik auf ganz neue Weise auseinandersetzen. Sie unterstützen damit nicht nur junge Talente, sondern schaffen auch eine Wertigkeit der Einrichtung, die über reine Dekoration hinausgeht. Mit all diesen Vorschlägen entsteht ein zugegeben etwas gezähmter Dschungel im eigenen Haus, der aber der eigenen gestalterischen Fantasie keine Grenzen setzt. Sollte man dazu noch über einen Wintergarten oder eine Terrasse verfügen, kann man das Innen und Außen wunderbar stilistisch verbinden. Dann wird zumindest in den warmen Monaten das wilde Wohnzimmer zu einem noch großzügigeren „Urban Jungle“.