Traumtänzer und Mondsüchtige

Die Erinnerung an den letzten Traumsommer ist noch wach. Falls uns Petrus auch dieses Jahr wieder gewogen ist, gibt es eine Menge Veranstaltungen, die uns unter den azurblauen Himmel oder ein funkelndes Sternenzelt locken werden.

Nichtsahnend streift der Flaneur durch das abendliche München …

… und auf einmal schweben vom Hofgarten her angenehme Melodien durch die laue Abendluft.

Unter der Kuppel des Dianatempels sind Gestalten, darunter auch Paare, zu ahnen, die sich hin- und herwiegen; ein paar Zuschauer stehen verträumt in den Arkaden. Hier kommen Musik- und Tanzbegeisterte zusammen, denen Clubs und Diskos zu anonym sind, um sich in romantischer Atmosphäre zu begegnen. Von der Qualität der bevorzugten Musik ganz zu schweigen. Die Stadt München lässt dieses unorganisierte Treiben gewähren, solange sich alle selbst um ihre Hinterlassenschaften kümmern. Alles ist spontan, Mittanzen und Genießen erwünscht. Mittwochs und sonntags finden sich temperamentvolle Salsatänzer ein, immer von 20:00 bis 22:00 Uhr. Man fühlt sich wie in einem Club in Cuba und manch einer entdeckt den heißen Latino in sich. Vorher wirbeln, aber nur am Sonntag ab 17:00 Uhr, die Fans des amerikanischen Swing ihre Tanzpartnerinnen durch die Luft. Der elegante Tangotänzer begibt sich dagegen des Abends am Freitag in diesen offenen Salon der Tanzleidenschaft. Der vertikale Ausdruck eines horizontalen Wunsches, so wird die argentinische Nationalmusik immer wieder bezeichnet. Wie auch immer, das Bandoneon ist ein Instrument der Sehnsucht und klingt auch im Hofgarten unvergleichlich sentimental. Jeden Sommer bei schönem Wetter swingt, schleicht und wirbelt der Hofgarten schwelgende Traumtänzer durcheinander und führt sie doch zusammen.

„Träume nicht dein Leben, lebe lieber deinen Traum …

… Und Träume hab ich viel zu viel. Als Kind allein auf mich gestellt, gefloh’n in meine eig’ne Welt. Doch nun hab ich ein Ziel …“

Münchens neues Musicaltheater WERK7 ist mit der Weltpremiere von „Fack ju Göhte – Das Musical“ 2018 eröffnet worden. Mitten im neuen Szenequartier „Werksviertel-Mitte“ am Ostbahnhof ist eine einzigartige Bühne für Live-Entertainment entstanden. Dort, wo derzeit Künstlerateliers, Live-Bühnen, Wohnungen, Bars und Restaurants entstehen, wurde im Sommer 2017 die ehemalige Pfanni-Fabrik zum Theater umgebaut. Intim, unkonventionell und kommunikativ bietet das Haus rund 700 Zuschauern Platz. Die Sitzplätze umrunden die Bühnenfläche zu 180 Grad und schaffen so eine ganz besondere Nähe zum Bühnengeschehen.

Eine der vielen Besonderheiten von Amélie ist das Puppenspiel.

Einige Figuren aus Amélies fabelhafter Welt betreten die Bühne als Puppen des bayrischen Puppen- bauers Stefan Fichert und ergänzen so das Musical-Ensemble. Die Ursprünge dieser Puppen kommen aus der japanischen Puppenbaukunst „Bunraku“, der traditionellen Form des Figurentheaters. Auch hier sind die Puppenspieler durchgängig auf der Bühne zu sehen. 

Im Februar startete mit „Die fabelhafte Welt der Amélie“ …

… die zweite Produktion in Münchens neuem Musicaltheater WERK7, eine Europa-Premiere! Seitdem begeistert Amélie Bayern und erzählt jeden Abend die Geschichte des weltweit erfolgreichen und Oscar®-nominierten französischen Kinofilms, mit cleveren und traditionellen Mitteln des Musicaltheaters. Mit „Die fabelhafte Welt der Amélie“ weht Pariser Luft nach München – die Stimmung im Bistro, die Klänge der Stadt: Musik und Lieder des neuen Musicals kommen aus der Feder von Daniel Messé, eingerahmt von den beliebten Melodien des Komponisten und Musikers Yann Tiersen, der den Soundtrack zum Film schrieb. Das Musical besteht aus zwei Klangwelten: Aus den Melodien des neuen Musicals sowie aus der Musik des bekannten französischen Kinoerfolgs. „Die fabelhafte Welt der Amélie“ erzählt die Geschichte der Amélie Poulain, einer jungen Französin, die im Pariser Stadtteil Montmartre als Kellnerin arbeitet. Tatsächlich lebt Amélie allerdings in ihrem ganz eigenen Kosmos. Der ist so skurril wie liebenswert. Magisch zieht sie andere Menschen in ihre „fabelhafte Welt“ und verändert deren Leben auf wundersame Weise.

„Die fabelhafte Welt der Amélie“ ist ein Ensemblestück.

Auf jeden einzelnen Darsteller kommt es an. Fast durchgehend sind alle gemeinsam auf der Bühne. Im Charakter, als Erzähler oder als Teil eines imaginären Bühnen- bildes, welches final erst im Kopf des Zuschauers entsteht.

Das Musical feierte am 22. Mai 2019 sein hundertstes Jubiläum.

Zur Feier kamen zahlreiche prominente Ehrengäste, unter anderem Collien Ulmen-Fernandes, Michaela May, Elena Uhlig, Ameli Neureuther und Udo Wachtveitl ins ausverkaufte Theater im Werksviertel. Amélie kann noch bis Herbst im WERK7 am Ostbahnhof erlebt werden!

Im Sommer packt einen immer ein wenig das Fernweh

Man träumt von Reisen an fremde Gestade und südliche Ufer

Dabei verlässt gerade im August kein echter Münchner die Stadt, denn er ist wohl der schönste Monat des Jahres. Viele sind im Urlaub, im Job ist meistens nicht so viel los und das Wetter ist in diesen Wochen am stabilsten. Dennoch muss man auf das Gefühl von hölzernen Schiffsplanken unter den Füßen nicht verzichten, seit auf einer aufgelassenen Eisenbahnbrücke zwischen Schlachthof und Großmarkt die „Alte Utting“ vor Anker gegangen ist. 1950 gebaut, als Teil der bayerischen Seenflotte auf dem Ammersee, sollte sie 2017 eigentlich verschrottet werden. Der Wannda e.V. bekam davon Wind und wollte das Schiff unbedingt retten. Es wurde in einer spektakulären Aktion in die Stadt gebracht und zu einem Kunst- und Kulturprojekt ausgebaut. Neben der modernen Gastronomie steht die Utting für ein ständig wechselndes Musik- und Kunstprogramm, dass man im Auge behalten sollte, auch weil sich hier eine der wenigen Livebühnen Münchens befindet, die anspruchsvollem Jazz und experimenteller Musik eine Plattform bieten.

Gleich um die Ecke auf dem Gelände des ehemaligen Viehhofs …

… steht der aus alten Containern gebaute „Bahnwärter Thiel“.

Ein Stück Berliner Graffiti-Ästhetik mit großartigen Events für Münchner jeder Generation. Die Spielstätte bietet Raum für verschiedene Formate und unterstützt auch kleinere, freie Künstlergruppen der Münchner Szene. Inmitten einer Stadt, die für ihre Museen, Opern und Theater berühmt ist, nutzt der Bahnwärter brachliegende Flächen und füllt sie mit Kultur. Mit Volldampf werden die Grenzen der Kunst aufgebrochen. Die Verknüpfung von Theater, Konzerten, Lesungen und Clubnächten garantiert ein permanent neues Programm gerade im Sommer unter freiem Himmel. Viel verändert sich im Quartier gerade durch den Neubau des Volkstheaters nebenan, und so wird das Viertel ein „Labor“ für urbanes Leben in München.

Mit den Betreibern des „Thiel“ verbandelt ist das schönste und romantischste Lokal der Stadt

Im Westpark am Mollsee verzaubert unter alten Bäumen das „Gans am Wasser“ seine Besucher

Gemütliche Sitzgelegenheiten und individuelle Dekoration bieten in der idyllischen Lage eine einmalige Gelegenheit zum Entspannen und Erholen. Die drei jungen Betreiber sind am Westpark aufgewachsen und lieben diesen schönen Ort ihrer Kindheit. Das Sortiment setzt auf regionale Qualität, wie die Kuchen des Café Kubitscheck oder das Eis von Engert. Auch die hausgemachten Pommes aus Biokartoffeln sind von einem Freisinger Bauern. Gelegentlich gibt es ein kleines Kulturprogramm und bei kurzen Regengüssen bietet das alte Stallzelt Schutz. Gerade für Familien mit Kindern ein idealer Ausflug, denn für die Kleinen wird von Kasperletheater, immer am ersten Dienstag des Monats ab 14:00 Uhr, bis Kunstworkshops, wie dem phantasievollen Schrottbasteln, allerhand geboten. Leisere Töne finden bei Konzerten die Ohren lauschender Träumer – so zum Beispiel am 8. Juni nachmittags ab 15:30 Uhr mit dem Liedermacher „Koshi“, eine immer bekannter werdende Lokalgröße. Auf der Internetseite findet man nicht nur die üblichen Infos zu Speisen und Programm, sondern auch einen eigenen Musik-Podcast. Dieser wurde von der Location inspiriert, falls man der entspannten Ruhe überdrüssig ist und über Kopfhörer ein sinnliches Kompletterlebnis wünscht.

Derart entspannt kann man sich in den beginnenden Abend stürzen, …

… wobei sich verschiedene Dachterrassen als Traumkulissen in den letzten Jahren empfohlen haben.

Unter dem Sternenzelt hoch über dem Alltag lassen sich gerade in der Afterhour angenehme Stunden verbringen. In einer früheren Ausgabe haben wir ja eine Vielzahl vorgestellt. Für Mondsüchtige sei aber die monatlich stattfindende Luna-Party auf dem Dach des Bayerischen Hofes nachdrücklich empfohlen. Man muss das nicht einmal besonders planen, es ist ganz einfach: Ist es Vollmond, geht man hin. Die Nachtleben-Legende Norbert Schmitz, der schon als Türsteher im alten P1 eine Institution war, versammelt hier mit dem schönsten Blick auf die Türme der Frauenkirche ein sehr buntes, ausgefallenes Publikum von Mondsüchtigen.

Wer sich aber für echtes Wissen rund um unseren Trabanten und die Sternenbilder des Sommers interessiert, …

… für den sind Sternwarten ein besonderer Anziehungspunkt.

Gerade wenn sie astronomische Ereignisse und Events verbinden. Am Dienstag, den 16. Juli 2019 gab es eine partielle Mondfinsternis zu sehen. Ab 22:01 Uhr scheint am unteren Rand ein Stück zu fehlen. Weil der Mond nicht komplett in den Kernschatten der Erde eintritt, wird er nicht in Gänze glutrot erscheinen – eine solche totale Mondfinsternis lässt sich in München erst wieder am 16. Mai 2022 gut beobachten. Die Volkssternwarte an der Rosenheimer Straße ist an diesem Tag bereits ab 21:00 Uhr geöffnet und schließt erst um 1:00 Uhr.

Für den eigenen Nachwuchs etwas ungünstige Zeiten, …

… aber man kann ihn mit dem Sommerfest der Isartalsternwarte am 3. August bestens entschädigen.

Sie liegt zwar im Süden bei Königsdorf, etwa eine Stunde von München entfernt, aber für junge und alte Sternengucker gibt es bei klarer Sicht an diesem Tag eine Menge zu erleben, zum Beispiel eine Tageshimmelführung mit Sonnenbeobachtung mittels spezieller Teleskope und für Kinder von 7 bis 12 Jahren Basteln und Starten von Wasserraketen. Am Abend werden die Teleskope auf die Planeten Jupiter und Saturn gerichtet und die Milchstraße erstrahlt in voller Pracht. Gerade die atemberaubenden Ringe des Saturn zu sehen, ist ein unvergessliches Erlebnis.

Klassische Musik unter freiem abendlichen Himmel …

… ist ein fester Bestandteil des Münchener Konzertkalenders.

Spektakel wie Oper für alle oder Klassik am Odeonsplatz ziehen Tausende von Besuchern an. Stiller und nicht weniger aufregend sind die kleineren Konzerte in den Schlössern der näheren Umgebung wie Schleißheim, die intimer und sinnlicher sind. Ein Highlight dieses Jahr ist „Die Nacht der klassischen Balladen“ vor der barocken Kulisse von Schloss Nymphenburg am 8. August. Diese Kunstform ist ein Miniatur-Drama in Reimen und möchte vor allem eines: das Publikum in den Bann ziehen, bewegen und begeistern. Musiker und Schauspieler gestalten diesen einmaligen Sommerabend Hand in Hand. Sie rezitieren unter anderem berühmte Balladen von Schiller, Goethe und Fontane und bringen weltberühmte und berührende Vertonungen zum Beispiel von Franz Schubert und Robert Schumann zu Gehör. Man kann die Augen schließen oder zu den Sternen richten. Egal ob Traumtänzer oder Mondsüchtiger – der sommerliche Himmel über der Stadt verspricht vieles. Und mit diesem Programm können sommerliche Tage und Nächte zu einer unvergesslichen Erinnerung werden.