Stress – der richtige Kick oder negative Belastung?

Stress ist eine Meisterleistung unseres Körpers –

… innerhalb kürzester Zeit sind wir zu Höchstleistungen bereit.

Doch Stress hat ein Imageproblem, Depressionen, Burnout und andere körperliche Erkrankungen, das wissen wir, können Folgen davon sein. Dabei schließen sich Stress und gesundes Leben nicht aus, eine bestimmte Dosis davon brauchen wir sogar. Folgt auf den Stress aber keine Entspannung, kann er sich negativ auf unsere Gesundheit auswirken.

Am Anfang steht der Säbelzahntiger.

Ihm gegenüber: einer unserer Vorfahren. Vielleicht ist er gerade beim Beerensammeln, schärft eine Pfeilspitze für die Jagd. Da lässt ihn ein Knacken auf dem Waldboden aufhorchen. Er hält inne. Und bevor er sie sieht, wird ihm die Gefahr bewusst. Das Herz schlägt schneller, alle Sinne sind geschärft und warten auf die notwendige Information. Um zu sehen, was er schon ahnt, und zu agieren: Wegrennen oder sich in das vermeintliche Ende begeben.

Aus der Anspannung Energie schöpfen 

Es muss nicht immer der Säbelzahntiger sein, die Gefahr für Körper und Leben, die uns herausfordert.

Seit Urzeiten gehören außergewöhnliche Belastungen, körperliche wie psychische Herausforderungen, zum menschlichen Leben. Die Urmenschen mussten reißende Flüsse überqueren, Tiere jagen und sich gegeneinander behaupten. Sicherlich ging es nicht immer gut aus, doch die Menschen entwickelten Strategien, vertrauten auf ihren Körper und ihre Sinne, handelten aus dem Reflex heraus richtig. Grund sind Botenstoffe der Nervenzellen, sogenannte Neurotransmitter, die unser Gehirn in kürzester Zeit freisetzt. Ein solcher Stoff ist etwa Acetylcholin, das gleich eine ganze Kaskade weiterer Prozesse in Gang setzt, die unbewusst ablaufen: Das Nervensystem stellt sich auf Kampf oder Flucht ein, in die Muskeln wird mehr Blut geleitet, die Hormone Kortisol und Adrenalin werden ausgeschüttet. Das Herz schlägt schneller, der Blutdruck steigt, die Atmung wird flacher und wir sind bereit, der Herausforderung gegenüberzutreten.

Ein Maximum an Energie steht uns zur Verfügung.

Längst nicht nur in Situationen, in denen wir um Leib und Leben fürchten müssen. Vielmehr ist diese Stressreaktion eine notwendige Reaktion des Körpers, die ihn kurzfristig an die Grenzen bringen kann. Punktuell ist das kein Problem, kurzfristiger Stress kann auf die Gesundheit sogar belebend wirken. Die Folgen: Ausgeglichenheit, Vitalität und Gelassenheit und besserer Schlaf.

Schon gewusst?

Stress kann durchaus positiv sein. Den Eustress, so der wissenschaftliche Name für positiven Stress, bedingt aber, dass er uns lediglich vorübergehend auf Trab hält. Nach dem Höhepunkt der Belastung muss der Körper wieder zur Ruhe kommen, auf die Energiesteigerung muss eine Entladung folgen.

Negativer Dauerstress macht krank

Hält die Belastung aber über einen längeren Zeitraum an, wirkt sie sich ungünstig auf Körper, Geist und unser Wohlbefinden aus.

Das wichtige Signal: „Gefahr vorbei!“ fehlt, das Hormonsystem kann nicht heruntergefahren werden. Wissenschaftler haben festgestellt, dass das Energiemaximum, ausgelöst durch Adrenalin und Kortiol, nicht länger als 15 Minuten anhalten kann. Auf eine längere Stressreaktion ist der Körper nicht vorbereitet. Wer heute über Stress spricht, meint damit aber keineswegs die belebenden kurzfristigen Belas-tungen. „Ich bin gestresst“ ist zu einem geflügelten Wort geworden, wir treten einander abgehetzt gegenüber, sind uns der notwendigen außergewöhnlichen Anstrengungen immer bewusst. Die zunehmende Digitalisierung der Gesellschaft, die ständige Erreichbarkeit und dauernde Verfügbarkeit von Informationen und Unterhaltung, aber auch damit verbunden die ständige Erwartung setzt uns lang anhaltendem Druck aus: zu performen, zu leisten, kreativ und charmant zu sein. Disstress nennt man den negativen, langanhaltenden Stress. Auch hier findet die Ausschüttung von Adrenalin und Kortisol statt – allerdings findet keine Energieentladung statt, Körper und Geist sind im Energiemaximum gefangen.

Die Liste der negativen Nebenwirkungen ist lang

Das Immunsystem verharrt in Dauerbereitschaft – mit gegenteiligem Effekt

Dauerstress schwächt die Abwehrkräfte, ständige Erkältungen oder Grippe sind bekannte Folgen. Die Leistungsfähigkeit des Gehirns sinkt, Konzentration, Gedächtnis und Kreativität sind stark beeinträchtigt. Wir sind reizbar, leichter aus der Fassung zu bringen. Durch den erhöhten Blutdruck wird das Herz-Kreislauf-System geschwächt, der Herzmuskel wird dauerhaft belastet, der Puls bleibt erhöht. Verkalkungen in der Gefäßwand können daraus entstehen, Spätfolgen können Herzinfarkt oder Schlaganfall sein. Ständige Anspannung führt zu Verspannungen der Muskeln; Kopf-, Nacken- oder Rückenschmerzen sind bekannte Probleme bei anhaltendem Stress. Auch der Stoffwechsel kann beeinträchtigt werden – Langzeitfolge: Diabetes. Magengeschwüre und Verdauungsprobleme sind ebenso auf der Liste zu finden wie Auswirkungen auf Sexualität und die Sinnesorgane. Weitere schwere Folge des Dauerstresses: Burnout. Erschöpfung total.

Stressmanagement

Stress macht krank.

Wenn Belastungen zur Gewohnheit werden, über längere Zeit anhalten oder wiederkehren, ohne dass ausreichend Zeit für Erholung besteht, führen diese zu Erschöpfungszuständen mit ernstzunehmender Gefahr für die Gesundheit, insbesondere für unsere Organe. Dabei schleichen sich die stressbedingten Veränderungen ein.Normalerweise gelingt es uns gut, uns wieder zu erholen, neu Kraft zu tanken, den Akku wieder aufzuladen. Regelmäßige Erholung ist wichtig, um die Gesundheit, aber auch die eigene Leistungsfähigkeit zu erhalten. Es ist wie im Sport, wo bei jedem Training auch entsprechende Erholungsphasen eingebaut werden. Körper und Geist können sich erholen, wir gewinnen Distanz und das Erlebte kann verarbeitet werden. So können wir wieder zu uns selbst finden und neue Kräfte sammeln.Warum wir unter Dauerstress stehen, müssen wir individuell für uns beantworten. Jeder besitzt eine Art Stress- Thermometer, davon geht zumindest das relative Belastungsmodell der Stressforschung aus. Welche Belastung uns beflügelt, wo unsere Grenzen liegen, muss jeder für sich entscheiden, eine allgemeine Empfehlung gibt es nicht.

Stresskiller: Regelmäßige Pausen und Refresher

Genauso individuell ist das Management der Belastung, wie wir mit der Anspannung umgehen und die Ursachen von Stress beseitigen.

Was uns dabei hilft? Regelmäßige Pausen. Um aus dem NonstopModus auszusteigen ist es wichtig, sich bewusst Pausen zu gönnen. Warum nicht dabei einen kleinen körperlichen Refresher einbauen, die Muskeln einfach mal strecken und dehnen, ausreichend essen und trinken. Und auf keinen Fall zwischendrin noch schnell etwas erledigen. Dafür müssen wir aber akzeptieren: Regelmäßige Pausen sind für den Erhalt der Leistungsfähigkeit absolut notwendig.

Dass wir durch Pausen nichts verlieren, sondern im Gegenteil mehr Effizienz gewinnen, können wir übrigens schnell feststellen. Und noch ein Tipp: Ausreichendes Schlafen ist das wirksamste Erholungsprogramm, das wir regelmäßig einschalten und nutzen sollen. Allerdings kann Stress den erholsamen Schlaf auch beeinträchtigen, Einschlaf- oder Durchschlafprobleme sind deshalb ernstzunehmende Signale für Dauerstress. Autogenes Training hilft, lässt uns zur Ruhe kommen und sorgt auch in stressigen Situationen – nur in wenigen Minuten angewandt – für erfrischende Entspannung.

Neben Entspannung ist auch Bewegung ein wichtiger Stresskiller

Mit körperlicher Aktivität wappnen wir uns gut gegen die schädigenden Auswirkungen des Dauerstresses. Wir verbrauchen so die für das eigentliche Kampf- und Fluchtverhalten bereitgestellte Energie und bauen gleichzeitig die Stresshormone ab. Warum nicht mehr Bewegung in den Alltag bringen, regelmäßig Sport treiben?

Stressmanagement klingt nach rationaler Planung, einem festen Programm. Dabei liegt es meistens in uns selbst, in unserem Alltag. Am besten, wir treten einfach mal gedanklich beiseite und betrachten die einzelnen Belastungen, mit denen wir uns täglich auseinandersetzen. Vieles lässt sich einfach durch kleine Anpassungen entzerren, indem wir Prioritäten setzen und die Gewohnheiten überlisten.