Der gastronomische Sternenhimmel Münchens leuchtet

… und ist derzeit auch ganz schön in Bewegung

München war schon immer Top-Adresse für Gourmets. Vor allem zu verdanken hat die Bayerische Landeshauptstadt dies einem Österreicher. Eckart Witzigmann, der in diesen Tagen 80 Jahre alt geworden ist, erkochte nicht nur für das legendäre Tantris, auf das wir hier gleich noch mal zu sprechen kommen, 1973 den ersten und 1974 den zweiten Stern. Sein eigenes, das 1978 eröffnete Aubergine, wurde 1979 als erstes deutsches und erst drittes außerhalb Frankreichs liegende Restaurant der Welt mit der höchsten Auszeichnung von drei Michelin-Sternen bewertet. Seitdem gab es in München mal mehr, mal weniger Michelin-Sterne. Derzeit sind es 16, wobei das Tantris im Moment nicht gewertet wird, da es sich ja im Umbau befindet und mit ganz neuer Struktur starten wird. Aber nicht nur im Tantris ist einiges in Bewegung gekommen. Neben den Fixsternen, funkelt es spannend.

Fangen wir aber mit den Fixsternen und hier mit den Ein-Sternern an. Restaurants mit einem Michelin-Stern gibt es derzeit sieben. Und sie alle sind sehr individuell: Gourmets können also gerne die Runde machen und werden sich ganz sicher nicht langweilen.

Aquarello – Cucina di Sole

Das Aquarello ist in dieser Riege das dienstälteste. Der edle Italiener in Bogenhausen und sein Chef Mario Gamba gehören zur Münchner (Gourmet-)Szene schon seit den schillernden 90er Jahren. Gamba machte sich 1994 mit dem Aquarello selbstständig und hält den Michelin-Stern seit 21 Jahren. Gerade erst wurde er vom großen italienischen Restaurantführer Gambero Rosso International als „Chef of the year“ ausgezeichnet.

Die Küche des Aquarello wurde oft schon als „beste außerhalb Italiens“ bezeichnet, und Mario Gamba selbst hat im Aquarello schon so viele Prominente begrüßt und privat für sie gekocht, dass er darüber Bücher schreiben könnte. Tut er aber nicht, höchstens Kochbücher.

Denn wenn er durchaus auch im „Sehen-und-Gesehen-Werden-Business“ unterwegs ist, seine wahre Leidenschaft ist seine „Cucina di Sole“, für die ihn seine Gäste in der „nördlichsten Stadt Italiens“ lieben.

Sparkling Bistro

Fünf Jahre musste Jürgen Wolfsgruber mit seinem Sparkling Bistro in der Amalienpassage auf die Auszeichnung mit einem Stern warten. Seine Leistung ist umso beeindruckender, als ihm dies in Personalunion als Koch, Gastgeber und Sommelier gelang. Das ist wirklich wahr! Erst nach ein paar Jahren hatte er sich ein wenig Hilfe für die Küche geholt. Und mit dem ersten Stern in diesem Jahr lässt er sich auch von den ersten Lockdown-Monaten nicht unterkriegen und gibt richtig Gas. Als gleichberechtigen Partner hat er sich Johannes Maria Kneip dazu geholt, der zuvor mit Joshua Leise gemeinsam im Mural (siehe nächstes Restaurant) für die Küche verantwortlich war. Der produktverliebte Küchenchef hat die Zeit der geschlossenen Restaurants ohnehin nicht ungenutzt gelassen – und dabei ist noch nicht einmal der Umbau des gesamten Restaurants – nach zwei Rohrbrüchen im Sommer 2020 – gemeint. Mit dem Schwabinger Bäcker Julius Brantner hat er ein eigenes Brot konzipiert, er produziert seine eigene Schokolade und hat gemeinsam mit seinem neuen Partner ein vegetarisches Menü entwickelt. Für die alkoholfreie Weinbegleitung experimentieren die beiden mit selbst fermentierten Säften, um von der oft dominanten Süße normaler Säfte wegzukommen. Die Gerichte im Sparkling Bistro sind schlicht in ihrer Anrichteweise und komplex im Geschmack. Die Produkte stammen überwiegend aus der Region. Beilagen werden zugunsten des Hauptproduktes lieber einmal weggelassen. Der Geschmack aber steht immer im Vordergrund – ein kleines Genussjuwel mitten in Schwabing.

Mural – das hippe Sternerestaurant 

Im Mural ging es schnell mit dem Stern. Herbst 2018 eröffnet, Frühjahr 2020 der erste Stern. Die beiden Küchenchefs: damals Joshua Leise und Johannes Maria Kneipp (jetzt im Sparkling Bistro), beide Anfang 20. Im MUCA (Museum of Urban and Contemporary Art) in der Innenstadt bringt das Mural hippen Großstadtflair nach München, „Contemporary Dining“ nennen es die Betreiber. Ohne Tischdecken im Industrie Design serviert das sehr junge kreative Küchenteam um Küchenchef Joshua Leise hier ziemlich große Küche. „Uns ging es von Anfang an darum, jüngeren Gästen die Schwellenangst vor der Gastronomie zu nehmen“, sagt Joshua Leise. „Umso mehr freut es uns, dass unser Publikum inzwischen total vielseitig ist und, egal in welcher Altersstufe und egal wie „gourmeterfahren“, unsere Begeisterung für gutes Essen teilt.“ Besonderen Wert legt Leise mit seiner Crew darauf, aus einfachen, sorgfältig ausgewählten Produkten das Maximale herauszuholen. Dazu arbeiten sie auch mit kleinen, regionalen Produzenten zusammen. Die Kreationen der Küche sind geschmacksintensiv, überraschend und auf hohem handwerklichen Niveau. Bedenkt man, dass Joshua Leise bis zur Eröffnung des Mural in der Küche von Drei-Sterne-Koch Jan Hartwig gearbeitet hat, ist das nicht verwunderlich, aber dennoch nicht weniger köstlich. Der Trend, nachhaltige (regionale und saisonale Produkte auf ihren Geschmack zu reduzieren und mit allen Nuancen herauszuarbeiten, ist auf diesem hohem Niveau zwar sehr schmackhaft, allerdings mittlerweile eigentlich fast schon „mainstream“ in der Sternegastronomie. Aber auch das schmälert nicht die Leistung des jungen Teams.

Ganz neu in München ist ein Projekt des Murals, das voraussichtlich im November in Sendling eröffnen wird: das Mural Farmhouse auf einer 1.000 m² Dachterrasse, nicht nur als Quelle für das eigene Gemüse (und mit eigenen Bienen), sondern auch mit zusätzlich angegliedertem Restaurant.

Showroom – der „kleine“ Stern

Der Showroom von Dominik Käppeler in der Lilienstraße in der Au ist das kleinste Sternerestaurant Münchens. Eröffnet wurde es von Franziska und Andi Schweiger, damals als Schweiger² 2006, drei Jahre später kam der Michelin Stern. Dominik Käppeler, der heutige Inhaber und Küchenchef, stand schon 2015 als Küchenchef am Herd, bevor er und seine Frau Marion das Restaurant mit seinen rund 20 Plätzen übernahmen und zum Showroom umbenannten. Den Stern konnte er nicht nur erhalten, sondern erkocht ihn für den Showroom seitdem jedes Jahr wieder. Die Süddeutsche Zeitung schrieb 2017: „In Dominik Käppelers Showroom werden Gesamtkunstwerke serviert.

Der Küchenchef zieht gern die Register zeitgenössischer Kochkunst – und das in allen Aggregatzuständen.“ Und in erstaunlichen Kombinationen, könnte man ergänzen. So lauten denn Speisen im Showroom etwa „Garnele / Erdnuss / Ziegenkäse / Himbeere / Rucola“ oder ein Amuse Bouche „Graupen / Milch / Ei / Lakritze“. Dominik Käppeler schafft es allerdings, auch diese überraschend klingenden Zusammenstellungen zu einem harmonischen Geschmacksbild zu bringen. „Wir lieben das Element der Überraschung und der Forderung in unseren Gerichten. Selbst wenn Ihr Kopf sie limitieren will, wird Sie Ihr eigener Gaumen eines Besseren belehren. Vertrauen Sie uns!“ verspricht das Team.

Tian – der vegetarische Stern

Das Tian am Viktualienmarkt in den Räumen des Livinghotels am Viktualienmarkt ist das erste vegetarische Sternerestaurant Münchens. Aber auch ohne diese Auszeichnung sticht es aus den bisher bekannten vegetarischen Restaurants durch seine zwar schlichte, aber doch deutlich durchgestylte Eleganz heraus. Mit der Vision, einen Ort für hochwertiges, gesundes vegetarisches Essen zu schaffen, gründete Christian Halper 2011 das erste Tian Restaurant in Wien und setzte damit Maßstäbe. Von Anfang an ist Paul Ivić Küchenchef in Wien und präsentiert eine so fein ausgearbeitete, abwechslungsreiche Karte, dass der Stern in Wien schon bald nach der Eröffnung kommt. Das Tian Restaurant München ist das erste Pendant des Wiener Restaurants. 2014 eröffnet, war es zunächst einfach ein gutes, stylisches, vegetarisches Restaurant. Nachdem aber 2018 Paul Ivić Geschäftsführung und kulinarische Leitung übernahm, wurde das Restaurant nur acht Monate später mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. Als Küchenchef vor Ort setzt das Team um Küchenchef Viktor Gerhardinger die Philosophie des Tian perfekt fort: eine außergewöhnliche Küche mit leidenschaftlicher Experimentierfreude. So werden hier beispielsweise nur Produkte und Zutaten auf rein biologischer und nachhaltiger Basis bezogen, bevorzugt vor Ort von lokalen Obst- und Gemüsehändlern. Die Küche verwendet aber auch seltenere, fast vergessene Gemüse-, Obst-, und Getreidesorten mit ihren unverwechselbaren Aromen und wertvollen Nährstoffen.

„Als vegetarisches und veganes Restaurant möchten wir unseren Gästen zeigen, wie wunderbar vielfältig und abwechslungsreich diese Art von Küche sein kann“, betont Gerhardinger. „Unser Publikum besteht nur zu einem geringen Teil aus Vegetariern und Veganern. Viele unserer Gäste setzen sich mit ihrer Ernährung auseinander, bei manch anderen ist etwas Überzeugungsarbeit notwendig, damit sie sich auf einen rein vegetarischen Abend einlassen. Wichtig ist: Bei uns ist jeder willkommen.“

Gabelspiel – ein Paar, ein Traum, eine Idee

Vielleicht das Ein-Sterne-Restaurant Münchens, das der klassischen französischen Küche, neu und individuell interpretiert, am nächsten kommt – und das ist durchaus als Kompliment gemeint. Die kulinarische Genussschmiede mitten in Giesing (aber mit ruhigem sonnigen Innenhof für Sommerabende) wird von Sabrina und Florian Berger geführt, wobei die Tätigkeitsbeschreibungen der beiden nicht besser wiedergegeben werden können als auf der Homepage des Gabelspiels:

Sabrina Berger: Inhaberin / Gastgeberin. Funktion: Organisationstalent, Seele des Hauses, Ruhepol, Zahlen- Dompteur, Dekorateurin, Weinbeauftragte, Marketingabteilung

Florian Berger: Kreativmühle, Innovator, Aromen-Jongleur, Produktfanatiker, Visionär, Österreicher

Und letzteres ist übrigens besonders interessant, da er damit unter den Küchenchefs in München, allerdings auch in der ganzen Welt, in bester Gesellschaft ist. Auch Florian Berger legt Wert auf die Verwendung von Produkten aus nachhaltigem Anbau und artgerechter Haltung. Was nach Bodenständigkeit klingt, wird auf dem Teller zu kleinen Kunstwerken – auf die man sich abseits von luxuriöser Tischausstattung in lockerer ungezwungener Atmosphäre konzentrieren kann und unbedingt einmal sollte. Fragt man Sabrina und Florian Berger, was sie an ihren Gästen am meisten schätzen, ist die Antwort ganz klar: „Sie sind herzlich, immer offen für neue Geschmackserlebnisse und sie waren unglaublich unterstützend während der gesamten Lockdown-Zeit.“ Was sicherlich auch der sehr persönlichen Atmosphäre des Gabelspiels zu verdanken ist.

Schwarzreiter – Übergabe wegen Babypause

Münchens einzige und Deutschlands jüngste Sternköchin, Meike Menzel, zeichnete bis Ende Januar verantwortlich für das Sterne-Restaurant im Vier Jahreszeiten Kempinksi München. Jetzt ist sie in der Babypause und hat die Leitung an ihren bisherigen Sous-Chef Hannes Reckziegel übergeben. Der 33Jährige begeistert seit der Wiederöffnung im Juni mit seiner Interpretation der „Young Bavarian Cuisine by Maike Menzel“, für die das Schwarzreiter steht. Die Erhaltung des Michelin-Sterns ist also zu erwarten. Reckziegel kochte zuvor im Orania.Berlin, im Restaurant Tim Raue und im Sra Bua by Tim Raue im Hotel Adlon Kempinski. Hannes Reckziegel schätzt die Münchner Gäste besonders, weil sie „zum einen einen sehr hohen Anspruch mitbringen – der für uns die größte Motivation ist und uns immer zu Höchstleistungen anspornt. Zum anderen bringen sie uns immer ihre Wertschätzung für ihre Erlebnisse im Schwarzreiter entgegen“.

Im erst 2019 sehr elegant renovierten Speisesaal des Schwarzreiters serviert das Küchenteam um Hannes Reckziegel leichte, frische Gerichte, mal schnörkellos, mal detailverliebt. Immer aber stellt sie bayerische und regionale Produkte in den Mittelpunkt. In jedem Gang finden die Gäste eine Komponente Bayerns wieder – ob als Hauptelement, in der Zubereitungsweise oder in der Beilage. Ohne Stern, aber dennoch auf hohem Niveau, kommen aus derselben Küche übrigens auch unkomplizierte À-la-carte-Gerichte für die Schwarzreiter Tagesbar.

Les Deux – zwei Sterne mit neuer Doppelspitze

Auch im Les Deux im Schäfflerhof, in dem das Gourmetrestaurant im ersten Stock seit März 2020 mit zwei Michelin-Sternen leuchtet, hat sich in der langen Zeit des Lockdowns etwas getan. Vielleicht weil sich beim Betreiberpaar Fabrice und Katrin Kieffer die gemischte Doppelspitze so bewährt hat, wird die Küche nun auch von einer Doppelspitze (auch hier als „Les Deux“) geleitet. Und auch hier zwar nicht von einem Paar, aber doch der Kombination Küchenchefin und Küchenchef – eine sehr zeitgemäße Führungssituation also. Der 30-jährige Gregor Goncharov steht, nach Stationen im Charles Hotel und dem Restaurant Überfahrt, bereits seit sieben Jahren am Herd des Les Deux, zuvor unter Edip Sigl als Sous-Chef. Natalie Leblond (28) war bis vor Kurzem Sous-Chefin bei Jan Hartwig im Drei-Sterne-Restaurant Atelier des Bayerischen Hofes.

Die beiden wissen, dass es natürlich einerseits darum geht, die Gäste zu begeistern, aber auch darum, den zweiten Stern zu halten. Bis zum Erscheinen des Guide – inzwischen jeweils im März – haben sie aber sicherlich Gelegenheit zu zeigen, dass sie die ausgezeichnete Küche des Les Deux nicht nur auf dem selben Niveau halten, sondern auch individuelle Akzente setzen können. Dafür sorgt natürlich auch „das Markenzeichen“ des Hauses, Inhaber und Maître Fabrice Kieffer, der die frischen, kreativen, von der französischen Küche geprägten Gerichte mit seinem unvergleichlichen Charme und großem Wissen über die passenden Weine ergänzt.

„Les Deux“ steht übrigens eigentlich für das Grundkonzept des Hauses:

das Sternerestaurant im Obergeschoss und die Brasserie im Erdgeschoss des modern-eleganten Gebäudes im Schäfflerhof. Die Brasserie hatten Kieffers 2017 mit Hilfe der Architekten Julia Stöckert und Felix Fischer stilvoll renoviert, so dass man hier an den kleinen Tischen und der Bar in einer Atmosphäre von Chic und Luxus den ganzen Tag köstliche Gaumenfreuden genießen kann – vom Lunch bis zum After-Shopping oder After-Work-Verweilen. Auch für die Küche der Brasserie zeichnen Leblond und Goncharov verantwortlich. Natürlich ist der „Sterne-Druck“ auf die beiden jungen Chefs nicht unerheblich. Aber beide gehen es ruhig an. „Das kulinarische Konzept steht. Unsere persönlichen Handschriften werden wir nach und nach einbringen“, sagt Gregor Goncharov. Die ersten Gästeresonanzen seit der Wiedereröffnung im Juni sind jedenfalls ausgesprochen positiv und zeigen, dass das Vertrauen der Kieffers in die neue, junge Doppelspitze absolut gerechtfertigt ist.

EssZimmer by Käfer – Zwei Sterne für den einzigen Münchner

„Das ist der erste Stern, über den sich BMW freut“, hieß es in einer Pressemitteilung von BMW, als das EssZimmer by Käfer unter der Leitung von Bobby Bräuer ein halbes Jahr nach der Eröffnung 2013 den ersten Stern (und gleich 2014 den zweiten) erhielt. Bobby Bräuer selbst ist, nachdem Hans Haas sich Ende 2020 aus dem aktiven Geschäft zurückgezogen hat, der dienstälteste Küchenchef der Sterngastronomie in München. Denn die Sterne für das EssZimmer sind nicht die ersten, die er sich verdient hat. Die Sternenreise begann im Münchner Königshof, ging über das Victorian in Düsseldorf nach Berlin in die Quadriga im Brandenburger Hof, wurde kurz unterbrochen von einer sternenlosen Zeit in Kitzbühel im Petit Tirolia (weil Michelin in Österreich nur Restaurants in Wien und Salzburg bewertet) und führte eben wieder zurück nach München, seiner Geburtsstadt (damit ist er übrigens auch der einzige gebürtige Münchner unter den Sterneköchen).

Zu seiner Küchenphilosophie gefragt, antwortet Bräuer gerne: „Ich bin Koch, kein Philosoph, die Leute sollen meine Küche nicht „verstehen“, es soll ihnen schmecken.“ Das beschreibt allerdings doch nur unzureichend, was sich auf den Tellern im Restaurant unter dem Dach der BMW-Welt abspielt. Er ist ein Meister der Aromenkombination, ohne dabei auf Sensation zu setzen. Bräuer betont jedoch immer: „Ich bin sehr dankbar, dass unsere Gäste uns immer wieder bestätigen, dass sie genau das zu schätzen wissen, was mir so wichtig ist: Dass sie bei uns einen schönen Abend haben, auf hohem Niveau, aber entspannt. Ich finde, das passt auch perfekt zu München. Denn gerade nach einigen Jahren im „Exil“, wie es meine Frau manchmal scherzhaft bezeichnet, weiß ich genau diese lässige Eleganz Münchens zu schätzen.“

Alois Dallmayr Fine Dining – Höchstniveau auch für „Young Gourmets“

Bevor Küchenchef Christoph Kunz die Küchenleitung des „Alois“ übernahm, war er nicht nur Sous-Chef in der Küche seines Vorgängers Diethard Urbansky, sondern hatte schon Erfahrung bei Alain Ducasse in Paris, Joachim Wissler (3 Sterne, Bensberg) und Andreas Caminada (3 Sterne, Fürstenau (CH)) gesammelt. Er legt größten Wert auf eine Küche, deren Gerichte sich zwar auf höchstem Niveau bewegen, aber doch leicht zugänglich sind. Und diese Zugänglichkeit zeigt sich auch ganz wörtlich in einem einzigartigen Angebot für unter 30-jährige Gäste.

Jeden Abend ist ein Tisch für „Young Gourmets“ reserviert. Wer rechtzeitig vorbestellt, hat die Möglichkeit ein Vier-Gang-Menü inklusive Aperitif, Weinbegleitung, Tafelwasser und Kaffee zu einem sehr attraktiven Festpreis zu buchen.

Die Inneneinrichtung wurde mit der Küchenübernahme von Christoph Kunz neu ausgerichtet. Der junge Küchenchef wollte eine lockere und trotzdem stilvolle Atmosphäre haben (und keine weißen Tischdecken) – das ist gelungen. Mit viel Gefühl für den Raum und Sinn für die Details, integriert sich das moderne Ambiente des Alois‘ mit Wohlfühlcharakter in die Räume des Delikatessenhauses. Dabei werden u. a. Elemente aus der Kolonialzeit zitiert (Chinoiserie-Look) und in die heutige Zeit übersetzt. Gleichzeitig schaffen diese Designelemente eine Verbindung zum Ladengeschäft im Erdgeschoss – z. B. den handbemalten Kaffee- und Teevasen aus der Porzellanmanufaktur Nymphenburg.

Viel los am Münchner Sternenhimmel

Bis vor zwei Jahren gehörte auch das Restaurant Königshof (1 Stern) im gleichnamigen Hotel zur festen Sternenklasse Münchens. Und an dieser Stelle des Artikels wären wir vor einem Jahr noch beim vierten „Zwei-Sterner“, dem Werneckhof und Küchenchef Thoru Nakamura angekommen. Und natürlich bei den beiden Höhepunkten der Münchner Sternegastronomie: Der Legende Tantris und dem derzeit einzigen Drei-Sterne-Restaurant, dem Atelier im Bayerischen Hof mit Küchenchef Jan Hartwig. Aber. Aber in den letzten Monaten und ganz aktuell ist in die Szene viel Bewegung gekommen. Manches schon länger angekündigt, wie der Neubau des Königshofs sowie der Abschied und die Neuausrichtung des Tantris. Manches eher überraschend. Progonosen zu Entwicklungen bezüglich der Bewertungen von Michelin wären spekulativ. Die ersten Ergebnisse wird die Veröffentlichung des neuen Guide im März 2021 zeigen. Wir versuchen einmal, Ihnen ein bisschen Orientierung in das Funkeln bringen.

Tantris – die Legende lebt weiter

Das Tantris eröffnet (voraussichtlich im September) mit zwei Restaurantkonzepten, den Restaurants Tantris und Tantris DNA sowie der Tantris-Bar. Die kulinarische Gesamtleitung hat Matthias Hahn als Executive Chef. Er hat zuvor für Frankreichs Starkoch Alain Ducasse zahlreiche international erfolgreiche Restaurantkonzepte entwickelt. Küchenchef des neuen Tantris wird der 31-jährige Benjamin Chmura. Der gebürtige Kanadier kommt aus dem französischen Drei-Sterne-Restaurant Troisgros, wo er dreieinhalb Jahre als Chef de Cuisine arbeitete. Chmura ist in Belgien aufgewachsen und hat unter vielen hochkarätigen Küchenchefs auf der ganzen Welt gearbeitet, darunter in Australien, Japan und England.

Das Tantris DNA, ein À-la-carte-Restaurant für mittags und abends übernimmt Viginie Protat. Die 29-Jährige stammt aus Lyon, der Wiege der französischen Kochkunst. Ihre Ausbildung hat sie gemeinsam mit Benjamin Chmura am Institut Paul Bocuse absolviert und anschließend in renommierten Restaurants in Frankreich, Australien und Neuseeland gearbeitet. „DNA“ steht für die DNA des Tantris. Mit Klassikern wie einer Milchlammkeule, im Ganzen zubereitet in der eigenen Rotisserie, Bresse-Huhn, gegart in der Schweinsblase. Oder Gerichten aus fünf Jahrzehnten Tantris wie dem Kalbsbries Rumohr, die ihrerseits längst Klassiker sind. Natürlich werden sie alle Viginie Protats ganz eigene Handschrift bekommen.

Sigi Schelling, Jan Hartwig, Thoru Nakamura und der Königshof

Das Tantris wird auch an anderer Stelle noch im Geiste weiterleben. Gerade hat Sigi Schelling, die langjährige SousChefin von Hans Haas, ihr erstes eigenes Restaurant im Schwabinger Werneckhof, Sigi Schelling Werneckhof, eröffnet. Dort wird sie das Erbe von Hans Haas in ganz eigener Interpretation fortsetzen.

Im Werneckhof (damals noch „by Geisel“) gehörte bis Sommer 2021 die Küchenleitung noch Tohru Nakamura. Nach der Trennung von der Familie Geisel eröffnete er zunächst ein Pop-up-Restaurant unter dem Namen Salon Rouge in der alten Stadtschreiberei in der Münchner Altstadt. Da diese renoviert werden musste, eröffnete er im Juni ein weiteres Popup im Werksviertel 2 – und wird im Herbst wieder ins alte Stadtschreiber-Haus zurückkehren, um unter dem Namen Schreiberei sein eigenes Restaurant zu eröffnen/fortzusetzen.

Der Königshof wird wohl erst 2023 wieder eröffnen und wahrscheinlich zwar ein Restaurant mit hohem Küchenniveau beinhalten, nicht aber unbedingt mit dem Ziel, Sterne zu erkochen.

Die jüngste Entwicklung ist der gerade angekündigte Weggang von Jan Hartwig aus dem Atelier im Bayerischen Hof. Hartwig, der die drei Sterne in Rekordzeit erkochte und seit 2017 hielt, wird noch bis Herbst im Atelier bleiben und sich dann, laut Presseberichten, eine Auszeit nehmen, mit dem Ziel seine Selbstständigkeit vorzubereiten. Ob sein Nachfolger Anton Gschwendtner, der erst 2020 zwei Sterne für das Stuttgarter Olivo erkochte, die drei Sterne für das Atelier halten wird, stellt sich im März 2022 mit der neuen Ausgabe des Guide heraus.

Insgesamt bleibt der Münchner Sternenhimmel spannend und ein Besuch in jedem der Restaurants, die wir hier vorgestellt haben, ist sowieso immer ein besonderes Erlebnis. Großen Wert möchten wir noch auf eine ganz wichtige Tatsache legen: Selbstverständlich gehören zu Auszeichnungen in dieser Kategorie auch das Service-Team, die RestaurantleiterInnen und Sommeliers und Sommelieren. Ohne sie gibt es kein Gesamt-Genuss-Erlebnis. Vielleicht machen wir daraus einmal ein ganz eigenes Thema. In der Zwischenzeit wünschen wir Ihnen viele genussvolle Momente in den Restaurants unserer Stadt, in denen viele Menschen mit großer Leidenschaft daran arbeiten, Sie als Gäste glücklich zu machen.