Save water – drink Champagner

Champagner – für viele Gourmets das festlichste Getränk der Welt. Doch was macht ihn so besonders? Alles Wissenswerte rund um das edle „Prickelwasser“ und seine Herkunftsregion, die Champagne, Tipps eines bekannten Sommeliers, zu welchen Gerichten Champagner die perfekte Ergänzung ist, und einige Empfehlungen besonders guter Tropfen.

Kein Getränk steht für mehr Luxus als Champagner.

Er ist der ungekrönte König aller Schaumweine. Allein schon die Aussprache … wie elegant es über die Lippen kommt. Im Französischen wird er übrigens Champagne genannt, genauso wie die Region im Nordosten Frankreichs. Nur Schaumweine, die aus der Champagne stammen und nach der „Méthode Champenoise“ hergestellt werden, dürfen diese Bezeichnung tragen.

Die Champagne – seit 2015 Weltkulturerbe

Die Champagne bringt nicht nur edle Tropfen hervor, sie ist auch landschaftlich sehr reizvoll. In der Champagne stehen jahrhundertealte Kirchen neben endlosen Rebstockreihen. Das Weinbaugebiet, das sich ungefähr eine Autostunde östlich von Paris befindet, besteht aus 319 Gemeinden („Crus“). Seit 2015 befindet sich die Champagne mit auf der UNESCO-Welterbeliste. Im Zentrum stehen dabei die Weinhänge des Marnetals zwischen Hautvillers und Mareuil-sur-Aÿ, wo man inmitten der Reben die sogenannten „Essors“ (Abluftkamine der Weinkeller) und die „Loges de vignes“ (Winzerhäuschen) sehen kann. Außerdem die 370 Kreidestollen und die 25 km langen Weinkeller unter dem Hügel Saint-Nicaise in Reims: Die ehemaligen Schächte zur Kreideförderung bieten die ideale Temperatur zur Lagerung von vielen Millionen Champagnerflaschen. Natürlich durfte auch die einzigartige Avenue de Champagne in Epernay nicht fehlen, unter der sich 110 Kilometer Weinkeller verbergen. Diese jahrhundertealte Straße ist mit den schönsten Stadtvillen bzw. Schlössern der Champagne gesäumt, die von den Händlern des 19. Jahrhunderts erbaut wurden.

All diejenigen, die – …

… wenn es die aktuelle Lage wieder möglich macht –, diese wundervolle Landschaft erkunden möchten, finden unten sieben unterschiedlich lange Routen, bei denen für jeden Geschmack etwas dabei ist. Und das im wahrsten Sinnen des Wortes. Denn die Winzer bieten natürlich alle Verkostungen an. Einzigartig ist das Angebot der Winzerfamilie J. De Telmont in Damery. Hier können Champagner-Liebhaber in einem Workshop ihren eigenen Champagner kreieren. Das Ergebnis bekommt man dann ein paar Jahre später geliefert.

Ausflüge in die Champagne unter www.champagnerwelt.com

■ Auf den Spuren der Könige Frankreichs: Massif de St-Thierry – Vallée de l’Ardre (70 km)
■ Champagner und Mysterium: Montagne de Reims (70 km)
■ Champagner und Historische Erinnerung: Vallée de la Marne (90 km)
■ In der Heimat La Fontaine: Vallée de la Marne (120 km)
■ Eleganz und Romantik: Cote des Blancs – Coteaux du Sézannais (100 km)
■ Auf den Spuren von Renoir: Cote des Bar / Bar-sur-Seine (130 km)
■ Geschichte und Champagner: Cote des Bar / Bar-sur-Aube (110 km)

Vom fehlerhaften Wein zum flüssigen Gold

Das Perlen und Schäumen von Weinen ist ein im Weinbau seit Langem bekanntes Phänomen. Das älteste bekannte Dokument, in dem es erwähnt wird, ist ein ägyptischer Papyrus aus dem Jahr 522 nach Christus: Dort werden Fälle von annullierten Weinverkäufen aufgelistet, weil diese perlten. Das galt in früheren Zeiten als grober Weinfehler. Bis um 1650 wollte man nur stille Weine erzeugen.

Nur die Engländer fanden damals Gefallen an den Perlweinen und kauften am liebsten den prickelnden Ausschuss. Das brachte die Kellermeister der Champagne auf eine neue Geschäftsidee. Das Abfüllen dieser „unfertigen“ Weine kam in Mode. Sonnenkönig Ludwig XIV (1638-1715) machte den Champagner später sogar zu seinem Hauswein.

Strenge Richtlinien regeln die Herstellung

Im Jahr 1927 wurden die Anbauflächen in der Champagne per Gesetz genauestens festgelegt, 1935 kamen zusätzlich exakte Herstellungsrichtlinien hinzu, u.a. bestimmte Anbauvorschriften, Ertragsbeschränkung, Lese von Hand und Flaschengärung. Seitdem gilt: Nur die Schaumweine, die aus der Champagne kommen und nach den vorgegebenen Richtlinien hergestellt werden, dürfen sich Champagner nennen. Verwendet werden drei Rebsorten: Pinot Noir (rot) bringt die Fülle, Meunier (rot) die Frucht und der Chardonnay (weiß) den Charakter in den Champagner.

Zunächst wird aus dem Most durch alkoholische Gärung der Grundwein hergestellt. Ist dieser Prozess abgeschlossen, kann der Grundwein für die Flaschengärung zusammengestellt werden. Die meisten Champagner werden aus Grundweinen verschiedener Jahrgänge zu einer sogenannten Assemblage (Zusammenstellung) verschnitten und kommen ohne Jahrgangsangabe auf den Markt. Bis zu hundert verschiedene Weine können für einen Champagner vereinigt werden. Der Grundwein eines typischen Champagners besteht zu rund 70 Prozent aus dem aktuellen Jahrgang, der Rest aus sogenannten Reserveweinen. Ein Jahrgangswein dagegen wird aus einer einzigen Ernte erzeugt.

„Méthode Champenoise“

Für die zweite Gärung müssen dem Wein Rohr- oder Rübenzucker und etwas Hefe zugegeben werden, er beginnt nun zu gären. Das dauert ungefähr drei Wochen. Nur in der Champagne darf dieses Verfahren „Méthode Champenoise“ genannt werden. Die abgestorbene Hefe vollzieht einen enzymatischen Zersetzungsprozess (Autolyse), der dem Champagner sein Aroma verleiht und später für eine lang anhaltende Perlage sorgt. Vorgeschrieben sind mindestens 15 Monate Reifezeit für jahrgangslose, und drei Jahre für Jahrgangs-Champagner. Um die nach der Gärung abgestorbene Hefe aus der Flasche zu entfernen, werden diese auf sogenannte Rüttelpulte gestellt. Am ersten Tag liegen die Flaschen fast waagerecht, leicht zum Kronkorken hin geneigt, dann werden sie 21 Tage lang gerüttelt. Heute wird – im Gegensatz zu früher – nur noch selten von Hand gerüttelt. Je nach Restzuckergehalt (Gramm pro Liter) klassifiziert man den Champagner als Brut Nature, Pas Dosé oder Dosage Zéro, wenn der Restzuckergehalt unter drei Gramm liegt und dem Wein kein Zucker beigefügt wurde, und als Extra Brut (0–6 g), Brut (unter 12 g), Extra Dry (12–17 g), Sec (17–32 g), Demi-Sec (32–50 g), Doux (über 50 g).

Übrigens: 

Der Flaschen-Verschluss in der heutigen Form mit Metalikappe über dem Korken, die das Einschneiden der Drähte verhindert, wurde erst im Jahr 1844 entwickelt. Ursprünglich wurden die Champagnerflaschen mit Holzkeilen verstöpselt, diese mit einem in Öl getränkten Tuch umwickelt und anschließend mit Wachs versiegelt. Doch die Keile hielten dem Druck in der Flasche meistens nicht stand.

Champagner & Kaviar – was geht noch?

Champagner und Kaviar – eine perfekte Kombination. Doch zu welchen Speisen kann ein Champagner gerne den Wein ersetzen? „Champagner kann man durchaus durch ein komplettes Menü hindurch trinken“, erklärt Jochen Benz, Sommelier im Drei-Sterne-Restaurant „Atelier“ des Hotels Bayerischer Hof. „Das empfehle ich zum Beispiel Gästen, die sich beim Wein nicht so recht entscheiden können. Die großen Klassiker sind natürlich Kaisergranate oder Hummer, weil der Champagner hier die süße, kräftige, leicht mineralische Aromatik der Gerichte perfekt auffängt. Aber auch zu Wild oder Geflügel wie einer gebratenen Hühnchen- oder Poulardenbrust passt Champagner perfekt, am besten ein Rosé. Eine tolle Ergänzung zu Wildgerichten mit einer fruchtigen Komponente wie Quittengelee ist ein kräftiger Jahrgangs-Champagner oder ein Blanc de Noir wie der vom Weingut Ulysse Collin. Und zum Dessert darf es gerne ein Demi-Sec sein – herrlich!“

Champagner und Käse?

Ein Käseteller und eine Flasche Rotwein dazu – das kennt wohl jeder von uns. Und wie sieht’s aus mit Champagner statt Rotwein? „Champagner und Weißwein passt zu den meisten Käsesorten viel besser“, sagt Benz. „Eigentlich widerspricht sich die kräftige Struktur eines Rotweins und dessen Gerbstoffe und das Eiweiß im Käse, außer man hat einen sehr reifen Käse. Ein junger Käse oder Ziegenkäse zu Rotwein – das entwickelt sich im Mund sehr eigenwillig.“ Zu Ziegenkäse oder einem klassischen Salat, vielleicht mit Feta, empfiehlt der Gourmet-Experte fruchtigen Rosé-Champagner. „Das passt wunderbar. Sehr lecker ist auch der Chaource, ein zarter, leicht säuerlicher Käse aus der Champagne zum Rosé.“

Tipp: Bollinger Rosé. Zu Gruyère, Cheddar oder Langres, einem leicht würzigen Weichkäse mit Rotkultur aus der Champagne, und vielleicht ein paar Walnüsse oder Salzmandeln dazu, empfiehlt der Münchner Sommelier einen klassisch weißen Champagner oder vielleicht ein Jahrgangs-Champagner, die generell ein bisschen kräftiger von ihrer Struktur her sind. Tipp: Pierre Gimonnet Cuis 1er Cru oder Gimonnet Special Cuvée Jahrgang 2013.

Die Lieblinge der Experten

Zu den Favoriten von Benz gehört das Weingut Pierre Gimmonet, das fast nur über Grand-Cru-Lagen verfügt. Ein Winzer-Champagner mit einem unglaublichen Preis-Leistungs-Verhältnis, wie er sagt. Beim Blanc de Blancs mit Jahrgang oder dem Cuvée Oger liegt die Flasche bei rund 40 Euro. Im Gegensatz zu den großen weltbekannten Champagner-Häusern, die aufgrund der enorm hohen Produktion eine uniforme Linie haben, bieten die Winzer-Champagner immer wieder individuelle, charaktervolle Noten und zum Teil sensationelle Überraschungen. Weitere Empfehlungen des Sommeliers sind die Winzer Bruno Paillard und Benoit Marguet, „bei denen schon die einfachen Sorten außergewöhnlichen Charakter aufweisen“, wie er sagt. „Champagner darf auch gerne in einem größeren Weißwein- oder Burgunderglas serviert werden, wenn man ihn gleich trinkt. So kann man ihn besser riechen und schmecken.“

Und was hält ein Sommelier vom Aldi-Champagner?

„Die Discounter kaufen ja in der Regel eine komplette Range von einem Weingut auf und füllen diese nur für sich ab. Außerdem beschäftigen sie inzwischen viele Sommeliers. Insofern ist das Preis-Leistungs-Verhältnis absolut in Ordnung.

Zu den Lieblingen von Nicola Neumann, …

… Inhaberin von „Champagne Characters“, der Münchner Champagner-Boutique mit über 500 Sorten, gehört Henriet-Bazin Grand Cru Rosé Brut, für den bis zu 50 Jahre alte Reserveweine verwendet werden. „Ein Fest für die Sinne!“, wie sie sagt. Ein weiterer Favorit der ausgewiesenen Champagner-Expertin ist das Weingut Doyard, und für einen Demi-Sec lautet ihre Empfehlung: Tocade Demi-Sec von Jean Velut. Demi-Sec-Champagner sind vielseitiger als manche denken: Sie passen perfekt zu hochwertigen Desserts, asiatischen Speisen, Leberpasteten oder Käsespezialitäten.

Lilly Bollinger, …

… die 1941 das gleichnamige Champagnerhaus von ihrem verstorbenen Mann übernahm, soll einmal gesagt haben:

„Ich trinke ihn, wenn ich glücklich oder traurig bin. Manchmal trinke ich ihn, wenn ich alleine bin. Wenn ich in Begleitung bin, dann gehört er obligatorisch dazu. Mit ihm esse ich, wenn ich keinen Hunger habe und ich trinke ihn, wenn ich hungrig bin. In jedem anderen Fall trinke ich ihn nicht, es sei denn, ich habe Durst.“

In diesem Sinne: Santé!