Rote Powerknolle – Fitmacher oder No-Go?

Der Roten Bete wird – wie ja vielen Gemüsen – eine ungeheuer gesundheitsfördernde Wirkung nachgesagt. Auch darauf gehen wir gleich ein. Trotzdem scheiden sich an ihr die Geister. Die einen können gar nicht genug von ihr bekommen, die anderen verziehen das Gesicht. Vielleicht liegt das auch nur an der richtigen Zubereitung?

 

Powerfood für (fast) alle

Aber holen wir uns doch tatsächlich erst einmal mit der gesundheitsfördernden Wirkung der roten Knolle ein wenig Appetit.

Rote Bete steigert die (sportliche) Leistungskraft. Denn sie ist reich an Nitrat, das im Körper zu Stickstoff reduziert wird. Der wiederum regt unter anderem die Durchblutung an. Deswegen trinken Sportler gerne zwei bis drei Stunden vor dem Training ein Glas Rote-Bete-Saft. Da die Rote Bete auch relativ arm an Zucker (8 g/100 g), aber reich an Ballaststoffen (2,4 g), Eiweiß (2 g, das ist für ein Gemüse relativ hoch), Wasser und vielen Nährstoffen ist, passt sie auch im Rahmen einer Diät. Ihr Kohlenhydratgehalt ist relativ niedrig (ca. 9 g, also fast alles nur durch ihren natürlichen Zucker), gleichzeitig enthält sie viele Antioxidantien und Ballaststoffe, die die Aufnahme dieses Zuckers verlangsamen – daher ist sie sogar für Diabetiker geeignet. Dass sich der Urin nach dem Genuss von Roter Bete verfärbt, ist für manchen befremdlich, aber absolut harmlos. Im Gegenteil: Der Farbstoff, der dafür verantwortlich ist, nennt sich Polyphenol Betanin – und das wiederum stärkt das Immunsystem und wirkt nachweislich entzündungshemmend, insbesondere, wenn man die Knolle roh zu sich nimmt.Es gibt allerdings auch Menschen, denen man gerade den rohen Genuss der Roten Bete nur in Maßen empfehlen kann. Denn sie enthalten auch Oxalsäure, die die Bildung von Nierensteinen fördert. Und auch Säuglingen unter sechs Monaten sollte man keine Rote Bete geben, da sie empfindlich auf Nitrat reagieren. Um mit einem positiven Aspekt abzuschließen: Rote Bete macht klug. Das enthaltene Stickoxid regt die Bildung von neuen Synapsen und Nervenzellen im Gehirn an. Für manche Kantine also vielleicht das Gemüse!

Wie schmeckt Rote Bete denn nun wirklich?

Vorab: Wir sprechen hier von frischen Rote-Bete-Knollen, und zwar nur selbst gegarten.

Es geht nicht um die gesüßten, weil sonst eher geschmacklosen Exemplare, die in Folie eingeschweißt sind! Die Köchin, Autorin und FoodConsulterin Antje de Vries hat gerade ein Buch „Abenteuer Geschmack“ geschrieben, in dem sie sich sehr ausführlich mit dem Geschmack von 15 Gemüsen in ihren verschiedenen Aggregatszuständen beschäftigt. Dazu hat sie natürlich wunderbare Rezepte entwickelt, von denen wir hier zwei präsentieren dürfen. Aber sie hat sich eben auch sehr ausführlich mit den Geschmacksportraits der einzelnen Gemüse beschäftigt. So auch mit der Roten Bete, die tatsächlich immer erst auf den „zweiten Blick“ in Duft und Geschmack überzeugt: Von außen und ungewaschen ist sie eine bräunliche Knolle, die gerade im Winterlager auch ein bisschen rau und schorfig wird.„Ihre speziellen Aromen und ihre besondere Schönheit“, schreibt Antje de Vries, „geben die Knollen erst beim Aufschneiden preis: extrem hartes, festes Fruchtfleisch, das sich bei jungen Knollen leuchtend blutrot, bei älteren tief burgunderrot präsentiert“. Und zum Duft: „Der erste typische Dufteindruck ist zwar flüchtig, dafür intensiv erdig, wie frisch umgegrabener Ackerboden, leicht holzig bis zu modrig, schimmelig, an sich bunt durchmischende, vielschichtige Waldgerüche erinnernd.“ Die Autorin gibt zu, dass diese Beschreibung zwar blumig klingt, aber genau diese Geruchserlebnisse „Rote-Bete-Hasser nicht ganz zu Unrecht als ‚muffig‘ erschnuppern“. Doch wer sich von diesem ersten Duft-Eindruck nicht abschrecken lässt, kann sich vom Geschmack ebenso beeindrucken lassen wie von der wunderschönen Farbe des Innenlebens der roten Knolle.

So viele Variationen – von sauer bis schokoladig süß

Antje de Vries begibt sich im Buch dann auf einen Geschmacksparcour, den wir hier nur andeuten können.

Und was die Rote Bete dabei so besonders macht: Man kann sie sowohl roh als auch gegart als auch „pickled“, also eingemacht, genießen oder eben in einem dieser Zustände als Zutat verwenden. Ein Tipp aus unserer eigenen Redaktion zum Garen: Rote Bete gehören nicht im Kochtopf oder Schnellkochtopf mit Wasser gegart, sondern am besten im Backofen. Besonders gut schmecken sie, wenn man sie dort auf einem Salzbett langsam garen lässt. Einfach Backpapier so zuschneiden, dass man jeweils eine Knolle locker einwickeln kann (und dann oben mit einem Bindfaden zuschnüren). Auf dieses Backpapier grobes Meersalz streuen und auf dieses Salzbett die Knolle setzen. Das Päckchen locker verschnüren und im Ofen bei 160°C backen lassen, bis die Knollen weich sind (muss man mit einem Piekser prüfen). Kommen diese Roten Bete dann aus dem Ofen, kann man sie auch einfach so verzehren – sie sind dann wunderbar weich und leicht gesalzen. Ein zweiter Tipp, den man im Buch findet: Will man Rote Bete einmachen, dann gleichviel Essig wie Apfelsaft und dafür keinen Zucker verwenden. So bekommen die Knollen eine fruchtig-frische Süße statt einfach nur essigsauer zu sein.Übrigens kann man die Roten Bete auch als wirklich alternative süße Kleinigkeit vernaschen: Die Knolle in Scheiben schneiden, im Ofen trocken backen und dann vor jedem Bissen in Kakaopulver dippen. Das können Sie sich nicht vorstellen? Einfach mal ausprobieren …

Die beiden Rezepte aus „Abenteuer Geschmack“ sind jedenfalls beide ganz leicht nachzumachen und werden vielleicht doch den einen oder anderen Skeptiker überzeugen. Guten Appetit!

Rohe Rote Bete mit Kreuzkümmel und griechischem Joghurt

spannend frisch und würzig, mit mineralischem Aroma

400 g Rote Beten (möglichst mit Grün)
200 g griechischer Joghurt (10 % Fett)
4 EL Olivenöl
1 TL Honig (z. B. ein kräftiger Tannenhonig)
½ TL Kreuzkümmelsamen
Meersalz

1. Die Roten Beten gründlich mit kaltem Wasser waschen, anhängende Wurzeln und Wurzelhaare entfernen. Zarte Blätter abschneiden und beiseitelegen. Die übrigen Stängel und Blätter für einen guten Halt beim Reiben an den Roten Beten lassen. Junge Knollen mit schöner Haut ungeschält verwenden, ältere Knollen schälen. Die Roten Beten mit der Küchenreibe fein in eine Schüssel raspeln.

2. Den Joghurt mit dem Olivenöl glatt rühren und auf vier Teller verteilen. Die geraspelten Roten Beten und die zarten Blätter locker auf den Joghurt geben. Den Honig darüberträufeln. Den Kreuzkümmel im Mörser nach Belieben fein oder grob zerstoßen und daraufstreuen. Jeweils mit einer Prise Salz würzen.

TIPP: Frisch geerntete Rote Beten enthalten oft so viel Zucker, dass der Honig gar nicht notwendig ist. Bereits gelagerte Knollen (wie jetzt im Winter bzw. frühem Frühjahr) erhalten durch ein wenig Honig die Süße zurück. Der Farbstoff der Roten Beten hinterlässt auf Textilien und der Haut hartnäckige Flecken. Deshalb beim Verarbeiten am besten eine Küchenschürze und Einmalhandschuhe tragen.

Rote-Bete-Suppe mit Dill, Garnelen und Buttermilch

erdig mit frischer Säure, feiner Süße und Mineralik

600 g Rote Beten
200 g Möhren
2 Schalotten
400 g Kartoffeln
1 kg Garnelen (roh, mit Kopf und Schale; z. B. rotschalige Tiefsee-Garnelen)
1 Bund Dill
4 EL Öl 200 ml Weißwein
1,6 l Fischfond (oder Gemüsebrühe)
Meersalz
1 Lorbeerblatt
1 Bio-Zitrone
200 g Buttermilch
schwarzer Pfeffer

1. Von den Roten Beten und den Möhren die Wurzel- und Stielansätze abschneiden und entsorgen. Von den Schalotten die Wurzelansätze abschneiden und ebenfalls entsorgen. Rote Beten, Möhren, Schalotten und Kartoffeln gründlich waschen und schälen, die Schalen aufbewahren. Die Gemüse in ca. 1 cm große Würfel schneiden. Die Garnelen abbrausen und schälen, die Schalen gut abtropfen lassen und beiseitestellen. Die Garnelen entlang des Rückens leicht aufschlitzen und den Darm herausziehen. Das Garnelenfleisch in ca. 1 cm lange Stücke schneiden. Den Dill waschen und trockenschütteln. Die Blätter abzupfen, grob hacken und abgedeckt im Kühlschrank beiseitestellen. Die Dillstiele aufbewahren.

2. Einen Topf auf hoher Stufe erhitzen. 2 EL Öl hineingeben und die Garnelenschalen darin kurz anrösten. Die Gemüseschalen hinzufügen und mitrösten. Mit dem Weißwein ablöschen. Den Fischfond, 1 Prise Salz, die Dillstiele und das Lorbeerblatt hinzufügen. Alles ca. 30 Min. köcheln lassen und anschließend durch ein Sieb in eine Schüssel passieren (falls die Schalen sehr verunreinigt waren, durch ein Tuch gießen).

3. Die Zitrone waschen, trockenreiben und halbieren. Eine Hälfte in Spalten schneiden und beiseitestellen, von der anderen Hälfte die Schale abreiben und den Saft auspressen. Den gehackten Dill bis auf 1 EL mit der Buttermilch und der Zitronenschale verrühren. Mit Salz und Pfeffer würzen.

4. Das übrige Öl (2 EL) in einem Topf erhitzen und die Gemüsewürfel darin bei mittlerer Hitze anschwitzen. Den Gemüse-Garnelen-Fond angießen und das Gemüse in 10 15 Min. bissfest garen. Die Garnelen hinzufügen. Die Suppe mit Zitronensaft, Salz und Pfeffer abschmecken.

5. Die Suppe auf vier Teller verteilen und je 1 Klecks Dill-Buttermilch hineingeben. Den übrigen gehackten Dill (1 EL) darüber streuen und die Zitronenspalten dazu servieren. Der ideale Begleiter ist geröstetes Sauerteigbrot.