Plastikfrei leben

Jeder Deutsche produziert jährlich 37 Kilogramm Plastikmüll alleine aus Verpackungsabfall. 35 Prozent des weltweiten Plastikverbrauchs sind alleine auf Verpackungen zurückzuführen. Mit 11,7 Millionen Tonnen verbraucht Deutschland so viel Plastik wie kein anderes Land in Europa. Auch das heißgeliebte OnlineShopping und der Versand der Produkte verbraucht unnötiges Verpackungsmaterial. Um den Einzelhandel zu fördern und diesen Verpackungsmüll zu reduzieren, wäre es besser, öfter in den Innenstädten einzukaufen als beim Online-Versandhändler. Doch wie schafft man es, weniger Plastik zu verwenden? MünchenSüd zeigt einfache Tricks, wie man seinen Plastikverbrauch reduzieren und seinen ökologischen Fußabdruck durch umweltfreundliches Reisen verbessern kann.

Das EU-Parlament will ab 2021 Wegwerfprodukte aus Plastik wie Strohhalme, Wattestäbchen und Einweggeschirr verbieten.

Darüber hinaus sollen die EU-Mitgliedstaaten die Auflage bekommen, 90 Prozent aller Einwegplastikflaschen zu recyceln. Bisher wurden von 8,3 Milliarden Tonnen aus der Plastikherstellung nur 600 Millionen Tonnen recycelt, insgesamt liegt die deutsche Recycling-Rate bei etwa 42 Prozent. Zum Vergleich: Dänemark recycelt bereits jetzt 90 Prozent seines Plastikmülls. Auch sonst sind die Recycling-Raten weltweit viel zu gering. 2017 lagen diese bei 30 Prozent in Europa, 25 Prozent in China und nur 9 Prozent in den USA. Das bedeutet, die Herstellung von Plastik erforderte bereits 2016 rund 8 Prozent der weltweiten Ölproduktion; 2050 könnte der Wert schon bei 20 Prozent liegen. 1950 kam das erste Plastikprodukt auf den Markt. Damals wurden weltweit jährlich etwa 1,5 Millionen Tonnen Plastik produziert; 2016 waren es bereits 300 Millionen Tonnen.

Plastikmeere

Ein Großteil des Plastiks landet im Meer: Jedes Jahr sterben circa eine Million Seevögel und 100.000 Meeressäuger durch Plastikmüll. In vielen Bereichen des Meeres kann man heute sechs Mal mehr Plastik als Plankton finden. Und da eine Plastikflasche im Meer 450 Jahre braucht, um sich zu zersetzen, spitzt sich die Lage rasant zu. Zehn Prozent des Plastiks im Ozean sind Mikroplastikpellets aus zum Beispiel sich zersetzenden Fischernetzen. Da diese Pellets wie Fischeier aussehen und sich überdies mit Schadstoffen vollsaugen, haben Meeresbewohner eine immer geringere Überlebenschance. Weltweit gibt es heute mindestens fünf riesige sogenannte Plastikstrudel. Die Fläche eines dieser „Strudel“ im Pazifik ist beispielsweise vier Mal so groß wie die Fläche Deutschlands. Höchste Zeit, etwas im eigenen Umfeld zu verändern.

Unterwegs auf Plastik verzichten

Jeden Tag gehen alleine in München Zigtausende To-Go-Becher über den Ladentisch. Dieser eine Müllberg wäre schon so leicht zu vermeiden, indem man auf wiederverwendbare Thermobecher zurückgreift und konsequent auf Strohhalme verzichtet. Wer auf Letzteren partout bestehen will, kann Strohhalme aus Metall oder Bambus nehmen. Um Plastikverpackungen beim Einkaufen zu vermeiden, geht man idealerweise zum Gemüseeinkauf auf den Wochenmarkt. Auch Bio-Einkaufsläden oder Bauernhöfe bieten unverpacktes Obst und Gemüse an. Viele Lebensmittel gibt es auch im Glas zu kaufen. Beim Einkauf immer eine Stofftüte, einen Korb oder sonstige wiederverwendbare Transportmittel zu verwenden, sollte mittlerweile jedem in Fleisch und Blut übergegangen sein. Denn jedes Jahr werden in Deutschland sechs Milliarden Plastiktüten benutzt; die durchschnittliche Gebrauchsdauer dieser Tüten liegt bei 25 Minuten. Nur 7 von 100 Plastiktüten werden in Deutschland tatsächlich recycelt. Auch Einwegtrinkflaschen aus Plastik sollte man meiden.

Körperpflege ohne Plastik

Auch zu Hause sollte es zu einer Art Selbstverständlichkeit werden, unnötiges Plastik zu vermeiden. Angefangen wird damit gleich morgens bei der Zahnpflege. Die herkömmliche Plastikzahnbürste durch eine Zahnbürste aus Holz oder Bambus mit Naturborsten zu ersetzen, ist ein Kinderspiel. Selbst Wattestäbchen gibt es heutzutage aus Papier und Baumwolle – deren Plastik-Tage sind allerdings ohnehin gezählt, wie von Plänen der EU zu hören ist. Bei der Körperpflege kann man seinen Beitrag leisten, indem man auf feste Shampoos und Seifen zurückgreift und auf in Plastikflaschen verpackte Produkte verzichtet. Beim Einkauf von Shampoos, Seifen, Peelings und Cremes ist unbedingt zu beachten, dass kein Mikroplastik enthalten ist. Diese für das Auge unsichtbaren, aber dafür umso gefährlicheren Partikel werden mit Polyethylen (PE), Polypropylen (PP), Polyamid (PA) und Polyethylenterephthalat (PET) oder unter dem Begriff Polymere in der Liste der Inhaltsstoffe aufgeführt. Denn es ist weit gefehlt zu glauben, nur die Verpackungen verursachten Plastikmüll, der in die Umwelt gelangen kann – Mikroplastik im Peeling, Shampoo, Make-up, Duschgel & Co gelangen ebenfalls ins Meer. Zum aktuellen Zeitpunkt können Kläranlagen diese mikrofeinen Plastikteilchen nämlich nicht aufhalten. Sie gelangen somit ungefiltert ins Meer, werden von Fischen gefressen und landen früher oder später wieder auf unseren Tellern.

Faire Fashion

Bei der Wahl der Garderobe sollte man auf Naturfasern setzen und synthetische Materialien wie Nylon und Polyester meiden. Gerade die moderne Funktionskleidung, zum Beispiel aus Fleece und Gore-Tex, besteht zu einem Großteil aus Plastikfasern. Bei jedem Waschgang werden dabei bis zu 1.900 Plastikfasern freigesetzt, die durch den Abfluss in die Gewässer gelangen und somit leider allzu oft ins Meer. Hier helfen extra Waschbeutel mit Mikroplastik-Filterfunktion (wie beispielsweise der Guppyfriendly-Washingbag von Patagonia), welche diese Fasern auffangen und verhindern, dass sie in den Gewässern landen. Mit nachhaltig produzierter Kleidung schont man die Umwelt sogar schon bei der Produktion.

Kaffee & Co

Kapselmaschinen liegen gerade im Trend – doch trotz Recycling wird hier eine enorme Menge Plastik produziert. Wer bereits eine Kapselmaschine besitzt, kann auf plastikfreie Kaffeekapseln aus biologisch abbaubaren Materialien zurückgreifen und sie einfach mit dem Biomüll entsorgen. Auch der gute alte Filterkaffe wird durch eine bewusste Entscheidung zugunsten der Umwelt wieder zur Option, oder man greift zumindest auf die plastikfreie Kaffeezubereitung zurück wie bei Kaffeevollautomaten. Besonders simpel, aber stylisch und lecker ist der original italienische Espresso aus einer Napoletana.

Plastikfreie Küche

Sogar bei so simplen Dingen wie dem Backpapier macht es Sinn, auf Plastikfreiheit zu achten – zum Beispiel, indem man auf wiederverwendbare Backmatten ausweicht. Alufolie und Klarsichtfolie kann man durch Butterbrotpapier, Bambuspapier oder Brotzeitdosen aus Metall ersetzen – auch beim Pausenbrot für die Schule oder beim selbst mitgebrachten Mittagessen fürs Büro. Schwämme und Spültücher bestehen im Idealfall aus biologisch abbaubaren Materialien, ebenso wie die Müllbeutel. Zum Einfrieren eignen sich auch Glasbehälter mit plastikfreien Deckeln, zum Beispiel aus Kork. Spülbürsten mit Plastikgriff oder Kochutensilien wie Pfannenwender ersetzt man beim nächsten Kauf mit Alternativen aus dem guten alten – möglichst heimischen – Holz.

Kinder & Co

Auch beim Kinderspielzeug kann man mit gutem Beispiel vorangehen und auf Plastik verzichten, indem man Holzspielzeug und Bücher kauft, statt Plastikpuppen und Kunststoffspielzeug. Das ist meist auch pädagogisch wertvoller. Bei Partys und Veranstaltungen lässt man das Einweggeschirr aus Plastik links liegen und benutzt am besten echtes Geschirr – oder bei Kindergeburtstagen zumindest Pappteller, die ebenfalls nicht beschichtet sein sollten. Beim Eisessen lieber die Kugeln aus der Waffel genießen, statt aus dem Plastikbecher mit Plastiklöffel. Sobald man etwas aus Plastik kauft, sollte man immer vorher kurz nachdenken, ob es nicht auch eine Alternative dazu gibt – so wird Umweltschutz schnell zur Gewohnheit.

MünchenSüd-Tipp zum Thema umweltfreundliches Reisen mit COArray-Kompensation:

Da Kohlendioxid zu einem der größten Klimasünder zählt, kann man nach einer Flugreise einen Ausgleich schaffen, indem man Projekte unterstützt, die an anderer Stelle auf der Welt entsprechend viel COArray einsparen. Reisende geben auf der Webseite eines Kompensationsanbieters ihre Reisestrecke an und können dort in Erfahrung bringen, wie viele Tonnen COArray der jeweilige Flug verursacht hat. Die Kompensationsanbieter erwerben daraufhin Zertifikate eines Klimaschutz-Projektentwicklers. Mögliche Kompensationsanbieter sind beispielsweise Atmosfair, Klima-Kollekte, Primaklima, Myclimate, Klimamanufaktur und Arktik.