Haus am See

Liegt der Duft von Kärntner Reindlingen in der Luft, …

… geht es mir ähnlich wie M. Proust mit seinen berühmten Madeleines:

Ein unaufhaltsamer Strom von Erinnerungen schwappt über mir zusammen wie die Fluten des Wörthersees, in welchen ich die Ferien meiner Kindheit verbrachte. Wie wir damals den ganzen Urlaubstag im seidenweichen Wörtherseewasser verplanscht haben mit Schwimmen, Tauchen, Bootfahren, Kajaktouren oder Windsurfen wie so viele andere Münchner Familien in den 80ern. Ein Urlaub zu, im und unter Wasser. Auf der Suche nach der verlorenen Zeit macht sich MünchenSüd-Autorin Tina Lindner auf in den Süden – zum Seecamping nach Kärnten.

Camping ist so eine Sache, …

… entweder man liebt es oder man meidet es.

Dabei muss Camping heutzutage gar nichts mit Zelten und Verzicht zu tun haben, erkennt man schnell beim Anblick der Unterkunft. Ein nagelneues Mobile Home mit – man höre und staune – zwei Schlafzimmern, eines davon mit Ehebett, das andere mit Stockbetten für die Kinder, einer voll ausgestatteten Küche samt Backofen, Mikrowelle und Wasserkocher, einer Dusche, einer getrennten Toilette, einer Couch, Esstisch, Fernseher, einer überdachten Terrasse samt Tisch und Stühlen. Nicht zu vergessen der parkartige Garten drum herum, der direkt am See liegt. Dem weitverbreiteten Wunsch vom Haus am See kommt das Camping mit Komfort – oder neudeutsch „Glamping“, eine Bezeichnung für glamouröses Camping – schon ziemlich nahe. Dass Camping heute immer beliebter wird, hängt auch mit dem Gefühl von Freiheit und Abenteuer zusammen, das einen überkommt, wenn man mitten in der Natur erwacht. In Kärnten bedeutet das: Berge und Seen, so weit das Auge reicht. 

Rudern zwei ein Boot

Die Morgensonne taucht den Millstätter See in ein unwirkliches Licht, …

… kein Laut ist zu hören. In der Mitte des Sees holt ein einzelnes Fischerboot seine Netze bereits wieder ein, als wir zusammen mit Gottlieb Strobl, einem echten Millstätter Urgestein, in die traditionellen Ruderboote steigen und vom Schillerstrand zum Buchtenwandern aufbrechen. Die wendigen selbst gezimmerten Holzboote, traditionell auch „Zweispitze“ genannt, gleiten fast lautlos über den See. Im gleichmäßigen Rhythmus hört man nur die Ruder, die schmatzend ins Wasser tauchen, während der Bug Wellen in die spiegelglatte Oberfläche zieht. Der gelernte Bootsbauer und Millstattexperte gibt während der Bootstour von Bucht zu Bucht Einblicke in die Besonderheiten des 140 Meter tiefen Sees, der als wasserreichster See Kärntens bekannt ist: „Mitte des 19. Jahrhunderts wurden zwei Hoffischer ernannt, den Bauern und allen anderen war die Netzfischerei verboten – und die begehrten Reinanken waren zu jener Zeit den Mönchen und Kaisern vorbehalten. Um das natürliche Gleichgewicht des Sees nicht zu sehr zu stören, besitzen auch heute nur diese Familien und ihre Nachkommen das Fischereirecht, das bis in die K&K-Monarchie zurückreicht. Heutzutage dürfen aber natürlich alle den für den Millstätter See typischen Fisch in einschlä-gigen Restaurants genießen“, erzählt Gottlieb Strobl schmunzelnd. In den Sommermonaten kann man den Hoffischern sogar bei der Arbeit über die Schulter schauen.

Edelsteine zwischen Alpen und Seen

Vom Zentrum Millstatts aus …

… steuern wir quer über den See das nahezu unbebaute Südufer an. Eine Naturoase, die an die Mangroven erinnert, mit einer Vielzahl an Wasservögeln und Bäumen, die bis ans Ufer reichen – mittendrin eine kleine Waldlichtung mit einer Liege für romantische Pärchenpicknicks.

Der Millstätter See …

… ist wie gemacht für Verliebte.

Unter dem Motto „Rifugio sotto di stelle“  können sie in einem edlen Biwak unter den Sternen übernachten oder nach einer Wanderung auf dem Höhensteig symbolträchtig durch das Granattor am Grat der Millstätter Alpe schreiten. Der Höhenrücken im Norden des Millstätter Sees birgt eines der größten Granatvorkommen der Alpen. Im Granatium bei Radenthein kann man seinen eigenen rubinroten Edelstein aus dem Dolomitfelsen schlagen, um ihn anschließend von Profis schleifen und fassen zu lassen. Die dunklen Edelsteine, die tatsächlich wie kleine Granatapfelkerne aussehen, ziehen sich wie eine Maserung durch das helle Dolomitgestein. Die Kunst beim Herauslösen ist es, mehr Gefühl als Kraft anzuwenden, um die Karfunkelsteine dabei nicht zu zerschlagen. Leuchtendes Glutrot ist die häufigste Farbe des hier heimischen Granats. Außer in reinem Blau können sie andernorts aber in den verschiedensten Farbtönen vorkommen. Die Bezeichnung Granat steht für eine ganze Gruppe von Mineralien – wie Almandin, Grossular, Pyrop, Spessartin oder Uwarowit –, lernen wir im dazugehörigen Museum. Bis 1909 wurde der „Laufenberger Granat“ in Radenthein abgebaut und zur Bearbeitung in die berühmten böhmischen Schleifereien geliefert, wo er unter dem Markennamen „Böhmischer Granat“ vertrieben wurde. Neben dem Schürfgelände rauscht der Kaningbach vorbei. Und wer von der Schatzsuche noch nicht genug hat, der erforscht beim Geocaching die Granatschlucht samt Wasserfall und Hänge- brücke. Nach dem Schürfen folgen wir den Granatadern und der golden schimmernden Pyritader in die Tiefen des Stollens, wo ein kleiner unterirdischer See verborgen liegt. Im seenreichen Kärnten ist man selbst unter der Erde von Wasser umgeben.

Karibik Kärntens

In karibischen Blautönen aller Schattierungen von Türkis bis Kobalt empfängt der Faaker See seine Besucher.

Er ist im Gegensatz zum Millstätter See mit 14 Metern äußerst flach und zeichnet sich durch helle, einladende Farbnuancen aus. Diese Farbgebung verdankt der See feinen Kalkpartikeln. Die geprüfte Bergwanderführerin Barbara Wiegele kennt die Sagen und Legenden der Kärntner Seen genau. Bei einer Wanderung um den See gibt sie tiefe Einblicke in die heimische Pflanzen- und Kräuterwelt oder führt bei der Sonnenaufgangswanderung auf die höchsten Gipfel des Naturparks Dobratsch. Mit den Kanus brechen wir am Nachmittag vom Campingplatz auf und umrunden die Insel mit dem einzigen Inselhotel Österreichs auf der dem Wind abgewandten Seite. Blickt man hier ins schillernde Wasser, meint man wirklich, auf der ruhigen Karibischen See dahinzuschwe-ben, so weit reicht der Blick hinab. Auch die Wassertemperaturen sind mit bis zu 28 Grad im Sommer ähnlich. Am Firmament thront der Mittagskogel mit 2.145 Metern Höhe, der höchste Gipfel der westlichen Karawanken. Ein Meer aus dichtem Schilf umgibt den Faaker See auf der westlichen Seite. Durch die sogenannten „Everglades“ führt ein schmaler, 800 Meter langer Schilfkanal mit vielen Wendungen und Kehren, mit Stegen zum Rasten, Picknicken und Schwimmen – Nostalgie pur, ganz so wie früher, als man jung war. Wieder ist kein Laut zu hören außer dem Zwitschern der Vögel. Die meditative Stille erlebt man auf dem Wasser viel intensiver als an Land. Auf dem Rückweg zum Campingplatz versinkt die Sonne langsam hinter den Bergen, und in der Luft liegt zwar nicht der Duft von Reindlingen, aber eine Prise kindlicher Freiheit: Dem lang gehegten Kindheitstraum vom Haus am See kommt das Seencamping in Kärnten schon sehr nahe.

Infos:

Kärnten ist das südlichste Bundesland Österreichs und wird aufgrund seiner über 1.200 stehenden Gewässer, von denen die Hälfte in über 1.000 Meter Höhe liegt, auch „Land der Seen“ genannt. Der Millstätter See ist dabei mit 1.204 Millionen Kubikmetern der wasserreichste aller Kärntner Seen, der Wörthersee der größte. Entstanden sind die meisten der Seen beim Rückzug der Gletscher nach der letzten Eiszeit.
www.kaernten.at

Campingplätze:

Millstätter See: Der Seecamping- oder der Schwimmbad-Campingplatz Mössler in Döbriach bieten für Familien und Hundebesitzer viel Entfaltungsspielraum in der Natur.
www.moessler.at
Im mehrfach ausgezeichneten Komfort-Campingpark Burgstaller sind Partyliebhaber an der richtigen Adresse mit Kinderunterhaltung und einer der modernsten Sanitäreinrichtungen Europas.
www.burgstaller.co.at
Faaker See: Der mit dem Kärnten Qualitätssiegel ausgezeichnete Strandcampingplatz Gruber bietet großzügige neue Mobile Homes, Angelkurse für Kinder, Sundowneryoga und Kamelreiten.
www.strandcamping.at

Ausflugstipps:

Auf dem Granatschürfgelände vom Granatium in Radenthein kann man Granate selbst aus dem Gestein klopfen und in ein Schmuckstück verwandeln lassen oder im Museum mehr über die mystischen Karfunkel erfahren.
www.granatium.at
Biwakübernachtung unter freiem Himmel an besonders romantischen Standorten unter dem Motto „Zuflucht unter den Sternen – Rifugio sotto di stelle“ findet man unter:
www.biwaks.millstaettersee.com
Im Badehaus vom Millstätter See wird seit 1870 stilecht entspannt und in der Nebensaison, wenn die Einheimischen unter sich sind, meist im Adamskostüm gebadet.
www.badehaus-millstaettersee.at
Wanderungen um die Seen, auf dem Alpe-Adria-Trail oder im Naturpark Dobratsch werden mit der geprüften Bergwanderführerin Barbara Wiegele zum Erlebnis.
www.bergbaumblume.at

Restaurants:

Fangfrische Reinanken und das beste Eis der Gegend genießt man im Strandbad Sittlinger direkt am Millstätter See.
www.sittlinger.at
Inspirierende Seeatmosphäre in Millstatt, selbst gerösteten Kaffee und Biogemüse aus dem eigenen Garten bietet die Villa Verdin aus der Jahrhundertwende.
www.villaverdin.at
In einer der ältesten Gastwirtschaften Kärntens, in Egg am Faaker See, wird man mit den Klassikern der alpenländischen Küche verwöhnt wie zart würzigem Speck, aromatisiert im Feldwurzel-Kräutersud.
www.tschebull.cc