Die Kochlegende Harald Wohlfahrt

Kein anderer deutscher Koch erhielt die höchste Bewertung des Guide Michelins mit drei Sternen über einen so langen Zeitraum wie Harald Wohlfahrt, nämlich 25 Jahre! Als unumstrittene Nummer 1 leitete er von 1992 bis 2017 die Küche der „Schwarzwaldstube“ in Baiersbronn. Seit 2018 widmet sich der Spitzenkoch mit der gleichen Leidenschaft und ungebrochenem Enthusiasmus neuen Projekten.

Ein Vierteljahrhundert ausgezeichnete Kochkunst …

… ist daher für den Wiesbadener Tre Torri Verlag und die Süddeutsche Zeitung Edition Anlass genug, der Kochlegende Harald Wohlfahrt ein eigenes Buch zu widmen. In dieser Reihe der Gourmet Edition sind bereits die Kochlegenden Hans Haas und Marc Haeberlin erschienen.

Insgesamt 35 der legendärsten Wohlfahrt-Rezepte …

… aus über zwei Jahrzehnten beweisen einmal mehr, warum der gebürtige Schwarzwälder zu Recht die Sterne über dem Süden Deutschlands zum Strahlen brachte. Der Perfektionist, der die gesamte Bandbreite der Küchenformen beherrscht, legt selbstverständlich Wert auf höchste Qualität der Produkte, die er in kulinarische Köstlichkeiten verwandelt – das ist für ihn eine Grundvoraussetzung. Was jedoch das finale Ergebnis deutlich aufzeigt, ist, dass es auf Präzision und Feingefühl ankommt. „Maßgeblich für den Geschmack“, so Wohlfahrt, „ist letztlich die Zubereitungsform, für die ich mich entscheide.

Seien es seine meisterlich klassisch gearbeiteten …

… Geflügel-, Fleisch- oder Fischgerichte oder aber seine in ihrer Perfektion und ihrem Ideenreichtum unübertroffenen Amuse-Bouche-Kreationen – die Kombination aus handwerklichem Können und Kreativität, aus geschmacklicher Finesse und Leichtigkeit repräsentiert eine zeitgenössische Küche auf allerhöchstem Niveau. Wie er all dieses genau umsetzt, können ambitionierte (Hobby-)Köche Schritt für Schritt in den Anleitungen nachvollziehen. Visualisiert werden die beliebtesten Klassiker – zeitlose Tellerkompositionen, die von ihrer Entstehungszeit geprägt, zugleich in ihrer Qualität unübertroffen sind – in authentischen Fotografien. Kurze Essays verdeutlichen jeweils die charakteristischen Merkmale der Wohlfahrt’schen Küche und geben Einblick in den kulinarischen Sinn dahinter: wie er ein Gericht aufbaut und weshalb er bestimmte Zutaten kombiniert.

Über Harald Wohlfahrt

Harald Wohlfahrt ist gleichzustellen mit Paul Bocuse – so für den 3-Sterne-Koch Christian Bau. Ohne ihn und Witzigmann wäre die Entwicklung der deutschen Hochküche nämlich nicht möglich gewesen, stellte dieser in einem Interview nachdrücklich klar. Der 1955 im Schwarzwald geborene Harald Wohlfahrt war also nicht nur langjähriger Küchenchef, sondern ganz offensichtlich auch ein herausragender Lehrmeister, der zahlreiche Köche aus- und/oder weitergebildet hat – unter anderem besagten Christian Bau. Aber auch die 3-Sterne-Köche Thomas Bühner, Klaus Erfort, Kevin Fehling und Joachim Wissler haben bei Harald Wohlfahrt ihr Handwerk gelernt.

Harald Wohlfahrt liegt jedoch nicht nur die hohe Kochkunst am Herzen. Seit 2010 sitzt er im Kuratorium der Deutschen Krebsnachsorge, einer Stiftung, die sich für Familien mit schwerkranken Kindern einsetzt. Darüber hinaus unterstützt er die Nachsorgeklinik Tannheim, in der Kinder mit Krebs-, Herz- oder Mukoviszidoseerkrankungen betreut werden. Mit seiner Frau Slavka lebt Harald Wohlfahrt in Baiersbronn, im Schwarzwald.

Ausgezeichnet wurde er mehrfach, sogar 2004 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande für seine Verdienste um die Tourismusförderung in Baden-Württemberg. Sogar die Besatzung der ISS kam in den Genuss der Wohlfahrt’schen Kreationen. Ganz bodenständig gab es für die begeisterten Astronauten im All ein erstes Menü, bestehend aus Kartoffelsuppe mit Majoran und Blutwurst, geschmorten Kalbsbäckchen mit Gemüse in Balsamico-Essigsauce an weißem Bohnenpüree und Kom- pott von Bühler Zwetschgen in Sternanis-Gewürzsud.

Der Heilbutt-Teller gehört sicher zu den ungewöhnlichsten, wenn man so will „modernsten“ Zubereitungen von Harald Wohlfahrt.

Das liegt zum einen an den Zutaten als auch an der Gesamtkreation. Zunächst gehört der Heilbutt nicht zu den kanonischen Zutaten der Spitzengastronomie. Doch das feste, fettarme Filet des weißen Heilbutts besitzt eine Textur, die an Kalbfleisch erinnert, und ist allein schon deshalb in den letzten Jahren immer beliebter geworden. Ein solches Filet pochiert Harald Wohlfahrt in Sesamöl, wobei er es zuvor zehn Minuten in Salzlake badet, um es zu dehydrieren. Das Niedrigtemperaturgaren in Öl nennt man auch Konfieren – ein Verfahren, das in dem Maße populär geworden ist, je mehr die Köche sich über den Zusammenhang von perfekter Garung und Kerntemperatur klargeworden sind.Als bevorzugte Partner des Heilbutts hat Harald Wohlfahrt Kürbis und Kokosnuss ausgewählt – ebenfalls eine unkonventionelle Komposition, wobei hier besonders das Pickle heraussticht: eine Art Beize für Gemüse. Ursprünglich dazu gedacht, pflanzliche Lebensmittel mit Hilfe einer Lösung (meist Essig) haltbar zu machen. Bei Harald Wohlfahrt schafft es der Kürbis-Pickle sogar auf einen 3-Sterne-Teller.

Zweierlei vom Kalb auf Kichererbsen

Kalbsmedaillon an Pfifferlingrahmsauce, dazu Kräuterknöpfle – eine Zubereitung dieser Art krönt noch heute die Speisekarte zahlreicher gutbürgerlicher badischer Gasthäuser. Und was macht Harald Wohlfahrt daraus? Zunächst einmal: Er verwendet keinen Rahm, sondern Olivenöl – und keine Knöpfle, sondern Gnocchi, dazu einen Parmesanchip. So gut, so italienisch. Zum eigentlichen Gegenpart des Kalbs aber wählt er die Kichererbse, die er in gut Wohlfahrt’scher Manier variiert. So stehen dem kurzgebratenen Medaillon mit gekochten ganzen Kichererbsen ein geschmortes Bäckchen und etwas Hummuspüree gegenüber. Mit Blick auf die harmonische Wirkung ersetzt Wohlfahrt bei Letzterem die Sesampaste Tahina durch Erdnusspüree sowie Sahne und verzichtet komplett auf Kreuzkümmel. Das mag ungewohnt erscheinen, besonders wenn man an Hummus denkt, das sonst im Nahen Osten oder in Nordafrika serviert wird. Allerdings erzielt die Variante von Harald Wohlfahrt einen ganz eigenen Effekt: Aus einem badischen Klassiker wird so ein gemischtes arabisch-deutsches Doppel mit italienischem Einschlag. Anders gesagt: Neue Deutsche Küche.