Ein alter Hut erobert die Kulinarik

Ess- und Kochgewohnheiten werden ja gerne von völlig neuen Trends beherrscht. Einer der derzeit aktuellsten ist allerdings uralt – das Fermentieren von Lebensmitteln. Sauerkraut, Brot, Käse und asiatisches Kimchi beruhen genau auf dieser Methode –, die im Moment nicht nur die Gourmet-Gastronomie sondern auch die heimischen Herde (wieder) erobert hat.

Was genau ist Fermentation?

Zugegeben, die Beschreibung des Vorgangs klingt noch nicht so appetitlich: Denn vereinfacht gesprochen ist Fermentation die Transformation von Lebensmitteln durch Mikroorganismen wie Bakterien, Schimmelpilze oder Hefen. Und um es ein wenig chemisch zu ergänzen: Im Laufe dieser Transformation wandeln die Mikroorganismen Zucker mithilfe eigens dafür produzierter Enzyme in andere Stoffe wie CO₂, Alkohol, Essig- oder Milchsäure um. Das geschieht ohne Sauerstoff, also in einer sogenannten anaeroben Umgebung. Umgangssprachlich (und nicht bis ins Detail chemisch korrekt) ist Fermentation nichts anderes als Gärung. Dabei gibt es die Milchsaure-Gärung, die Essigsaure-Gärung, die alkoholische Gärung, die alkalische Gärung, Fermentation mithilfe einen Schimmelpilzferments auf der Basis von Reis (z. B. bei Sojasaucen und Misopasten) oder mit einer Kombucha-Pilzkultur (wie z. B. für das gleichnamige Getränk).

LAMM TATAKI

Das Lammfilet von Sehnen und Häutchen befreien und mit dem Öl, 1 kräftigen Prise Salz und 1 Prise Pfeffer einreiben. Das Lammfilet mit einem Küchenbrenner oder in einer sehr heißen Pfanne ohne Öl sehr schnell von allen Seiten kräftig bräunen. Das Lammfilet beiseitestellen.

PETERSILIE UND QUITTE
Von den Petersilienwurzeln das Grün abschneiden und waschen. Die feinen Blätter abzupfen, größere Blätter grob hacken. Die Petersilienwurzeln waschen, eventuell schälen und mit einer Mandoline oder einem Trüffelhobel dünn hobeln. Die Schalotte schälen und in feine Würfel schneiden. Die Quittenspalten in jeweils vier Stücke schneiden. Die Zitrone waschen und trocken reiben. Die Mandelstifte in einer kleinen Pfanne goldbraun rösten, dann aus der Pfanne nehmen. Die Butter in der Pfanne zerlassen, die Schalottenwürfel hineingeben und kurz anschwitzen. Dann die gehobelten Petersilienwurzeln hinzufügen. Alles leicht mit Salz und Pfeffer würzen und kurz durchschwenken. Die Pfanne vom Herd nehmen, die Quittenstücke hinzufügen. Ein wenig Zitronenschale darüberreiben und den Saft der Zitrone in die Pfanne pressen. Nochmals mit Salz und Pfeffer abschmecken und die gehackten Petersilienblätter hinzufügen.

FINISH
Das Lammfilet in dünne Scheiben schneiden und diese auf vier Teller verteilen. Die Mischung aus der Pfanne mit dem Sud darübergeben, die Mandeln darüberstreuen und alles mit den feinen Petersilienblättern garnieren.

Für 4 Portionen

Zubereitung: 20 Min.

LAMM TATAKI
400 g Lammfilet
1 TL Haselnussöl
Meersalz
frisch gestoßener schwarzer Pfeffer

PETERSILIE UND QUITTE
2 Petersilienwurzeln mit Grün
1 Schalotte
120 g enzymatisch gebräunte Quitte
1 Bio-Zitrone
100 g Mandelstifte
30 g Butter
Meersalz
frisch gestoßener schwarzer Pfeffer

AUSSERDEM
evtl. Küchenbrenner

Und das soll schmecken?

Und wie, denn wie erwähnt: Brot (insbesondere Sauerteigbrot) und Käse entstehen durch diese Prozesse genauso wie Bier, Wein oder Jogurt. Oder eben fermentiertes Gemüse, denn genau da geht der aktuelle Trend hin. Spitzenköche, wie der berühmte René Redzepi aus dem Noma in Kopenhagen, schwören auf diese Methode, weil fermentierte Produkte in der Regel mehr Umami besitzen (die vielgepriesene fünfte Geschmackswahrnehmung, die aus der perfekten Abrundung aller Geschmackswahrnehmungen entsteht). Sie sind außerdem einfacher zu verdauen und dadurch nahrhafter. Das ist auf die mikrobiellen Prozesse zurückzuführen: Eher komplexe und für Menschen nicht einfach zu verdauende Molekülstrukturen von Proteinen oder Stärke werden durch Fermentation in einfachere verwandelt.

Einmachen, Einlegen oder Fermentieren

Alle diese Methoden dienten schon seit Langem – und in jeder Familienküche – der Haltbarmachung von Lebensmitteln. Im Zuge umfassender Hygienemaßnahmen im 19. Jahrhundert und Errungenschaften wie der Pasteurisierung oder schlicht der des Kühlschranks – und heute der ständigen Verfügbarkeit von Früchten und Gemüse auch außerhalb der Saison – rückte die Fermentation als Prozess zur Konservierung in den Hintergrund. Leider ging dabei auch das Wissen über die positiven Effekte auf Geschmack und Verdauung verloren. Ganz zu schweigen vom Nachhaltigkeitsgedanken der saisonalen Verwertung von Lebensmitteln. Das Einmachen ist schon lange auch in die ambitionierte Hobbyküche zurückgekehrt, ebenso wie seit einigen Jahren das Einlegen von Früchten, aber auch von Gemüse. Die Fermentation ist nun die letzte Renaissance – wohl auch deswegen, weil sie am ehesten mit negativ behafteten Begriffen wie „Schimmelpilz“ oder „vergoren“ verbunden ist.

Spaghetti Carbonara mit milchsauer vergorenem Palmkohl

Für 4 Portionen, Zubereitung: 30 Min.

600 g Spaghetti (hier passt auch eine kräftige Sorte aus Dinkel oder Emmer)
Meersalz
200 g Speck (z. B. Guanciale oder Pancetta)
320 g milchsauer vergorener Palmkohl
1 Bio-Zitrone
120 g Pecorino romano
frisch gestoßener schwarzer Pfeffer
6 sehr frische Eigelb (M)

1. In einem großen Topf reichlich Wasser zum Kochen bringen. 1 kräftige Prise Meersalz und die Spaghetti in das kochende Wasser geben. Die Spaghetti unter gelegentlichem Rühren nach Packungsangabe sehr bissfest garen.

2. Inzwischen den Speck in feine Streifen schneiden. Den Palmkohl ein wenig zerzupfen. Die Zitrone waschen und trocken reiben, die Schale abreiben und den Saft auspressen. Den Pecorino reiben. Den Speck in einer großen Pfanne bei mittlerer Hitze auslassen.

3. Die fertig gegarten Spaghetti abgießen, dabei ein wenig Kochwasser auffangen. Die Spaghetti mit dem Kochwasser zum Speck in die Pfanne geben. Den Palmkohl, den Zitronensaft und -abrieb, etwas Pfeffer, die Eigelbe und den Käse dazugeben und alles zügig vermengen. Die Pasta auf vier Teller verteilen.

Wahre Köstlichkeiten

Dass sich dahinter wahre Köstlichkeiten verbergen und sich mit fermentierten Produkten ganz wunderbar zaubern lässt, beweisen nicht nur Produkte von Herstellern wie den Münchner Unternehmen www.completorganics.de oder www.sauer-macht-gluecklich.de, sondern auch die zahlreichen Workshops zum Thema Fermentieren. Mittlerweile sind außerdem wirklich gute Bücher auf dem Markt, die das Thema ausführlich erklären und neben den Fermentationsrezepten auch kreative Speisenideen beinhalten – wie die Bilder zu diesem Artikel. Sie stammen alle aus dem gerade im Münchner GU-Verlag, Teubner Edition, erschienenen Buch „Fermentieren“ von Antje de Vries und Anne-Cathrine Preißer „Fermentation – neue Aromenwelten entdecken“.