Der Weinherbst an der Donau

Genuss mit Kultur in der Wachau

Von Herodot als Sonnentrotzer tituliert – weil sie sich von Westen nach Osten schlängelt, geht vom zweitlängsten Fluss Europas seit jeher eine besondere Magie aus. Von ihrer Quelle im Schwarzwald bis zum Schwarzen Meer erzählt sie flüsternd vom rauschenden Aufstieg und tiefen Fall vergangener Monarchien. Einen der bezauberndsten Abschnitte der Donau entdeckt man zwischen den Städtchen Melk und Krems, die Wachau: Eine 34 Kilometer lange, romantische Flusslandschaft mit herrlichen Weinterrassen, Festungen und geschichtsträchtigen Klöstern. MünchenSüd gibt Tipps für das UNESCO-Weltkulturerbe.

In den Herbstmonaten schillert die Wachau in den prächtigsten Farben und lädt zu Wanderungen durch Weinberge ein, hinauf zu aussichtsreichen Plätzen, sagenhaften Schlössern und geschichtsträchtigen Ruinen. So vielfältig wie die Landschaft gestaltet sich auch der Weinherbst. In der Buschenschenke und im Heurigen erlebt man authentisches Brauchtum mit königlichen Gaumenschmeichlern. An der schönen blauen Donau wird der neue Jahrgang bis weit in den November hinein gebührend gefeiert.

In vino veritas

Die einzigartige Flusslandschaft, die typischen Terrassenweingärten und die feinfruchtigen Weine machen die Wachau zu einem echten Juwel. Hier sind die Lös- und Sandböden sowie das außergewöhnliche Klima im Donautal mit seinen sonnigen Hängen ideal zum Weinanbau. Die Römer brachten vor 2.000 Jahren Weinstöcke mit und seitdem wurde diese hohe Kunst immer weiter perfektioniert. Das Zusammenspiel aus den kühlen Winden des Waldviertler Hochlandes und der temperaturregulierenden Donau bringt würzige Weine voller Eleganz hervor. Hochprämiertes findet man heutzutage überall, dank der traditionsreichen „Rieden“ – so heißen die Lagen in der Wachau. In aller Welt bekannt ist natürlich der Riesling und der Grüne Veltliner, Kenner schätzen auch den Neuburger und Gelben Muskateller.

MünchenSüd-Tipp:

Je nach Gusto genießt man die Weine in drei Varianten mit klingendem Namen. Fein wie das Steinfedergras, das an den Weinbergen des Donautals wächst, schmeckt die mit maximal 11,5 Prozent Alkohol leichteste, fruchtige Variante namens Steinfeder®. Der trockene, nuancenreiche Federspiel® – in Anlehnung an die Falkenjagd – gilt als charaktervoller Speisebegleiter und die Bezeichnung Smaragd® erhalten nur die wertvollsten Kreationen der Wachauer Winzer. Genau wie die ansässige schillernde Smaragdeidechse haben diese Trauben extra lange in der Sonne gebadet – höchste Traubenreife und eine natürliche Konzentration erheben dieses Prädikat zur Weltklasse.

Ein kleines Stück vom Glück

Hoch über der Donau inmitten des Farbenmeers der Weinreben zu sitzen und einen Heurigen zu trinken, ist immer wieder ein Highlight. Einerseits wird so der junge Wein des aktuellen (des heurigen) Jahrganges benannt und andererseits die Gaststätte selbst, in dem dieser Wein ausgeschenkt wird. Am Festtag des Heiligen Martin, dem 11. November, wird die letzte Lese als Heuriger zum ersten Mal serviert. Ob im lauschigen, überwachsenen Innenhof oder nahe am Weinberg – in einem Buschenschank ist die Atmosphäre stets urig, das Ambiente schlicht und die angebotene Jause einfach und köstlich. Dazu gehören: gekochtes Geselchtes, Bauernspeck, Verhackertes, Kümmelbraten, Surbraten, verschiedene Käsesorten und im Brotkorb die Wachauer Laberl, ein typisches Gebäck aus der Region. In der von Wien und Böhmen beeinflussten Küche stehen Spezialitäten wie Traisentaler Hofkas, Waldviertler Karpfen, Marillenknödel im Topfenteig oder Mohnnudeln auf der Karte. Unverzichtbar nach solchen Kalorienbomben folgt der regionale Schnaps, allen voran der aus der Marille.

MünchenSüd-Tipp:

„Ausgsteckt is“, das heißt, der „Buschen“, ein Bündel aus Zweigen, zeigt an, welches Weingut beziehungsweise welcher Buschenschank gerade geöffnet ist. Buschenschenken dürfen nur kalte Speisen servieren, Heurige haben das ganze Jahr über geöffnet und verwöhnen Gäste auch mit warmen Speisen. Die Wachauer Marille ist ebenfalls berühmt – in Form von Marmelade, Konfitüre, Röster, Edelbrand oder Marillenknödel. Die Kerne gelten geröstet als Delikatesse und sind als Mitbringsel beliebt.

Zu Land, zu Wasser und in der Luft

Der Welterbesteig Wachau zieht sich 180 Kilometer nördlich und südlich der glitzernden Donau wie ein Band zwischen den 14 Gemeinden des UNESCO-Weltkulturerbes der Wachau. Durch Weingärten hindurch und vorbei an goldenen Weinreben führt der Weg mit himmlischen Einkehrmöglichkeiten. Den Blick kann man dabei vom Aussichtsbankerl frei ins Donautal schweifen lassen, mit seinem endlosen Wechselspiel aus Wald und Fluss und Burg.

Eine Etappe des Welterbesteigs führt vorbei an der Ruine Dürnstein. Hier wurde der englische König Richard I. Löwenherz im Auftrag des Babenbergers Leopold V. ein Jahr gefangen gehalten. Das Lösegeld Richards ermöglichte zahlreiche wichtige Baumaßnahmen wie die Gründung von Wiener Neustadt, außerdem die Schaffung der Wiener Münzstätte.

MünchenSüd-Tipp:

Für viele Touren, wie beispielsweise auf den Jauerling – mit 960 Meter der höchste Berg an der Donau – kann man einen Gepäcktransport organisieren. Wer beim Klettern die Aussicht genießen möchte, erlebt auf dem Vogelbergsteig Adrenalinschübe vor Donauromantik. Ein stetiger Fährbetrieb über die Donau garantiert sanfte Überfahrten mit den Rollfähren, auch mit dem Fahrrad im Gepäck. Eine Fahrradtour auf dem beliebten Donauradweg vereint das Freiheitsgefühl vom Radeln mit genussvollen Pausen in urigen Heurigen, stilvollen Landgasthäusern oder in ausgezeichneten Restaurants.

Comics und Kulturgeschichte

Das barocke Stift Melk wird seit seiner Gründung 1089 von Benediktinermönchen bewirtschaftet. Bei Rundgängen und Führungen taucht man im Marmorsaal, in der Stiftsbibliothek oder im Kaisergang in die bewegte Vergangenheit ein. Vom Verbindungsbalkon zwischen Marmorsaal und Bibliothek schlängelt sich die Donau majestätisch zu Füßen der Besucher – ein unvergesslicher Anblick für Jung und Alt. Draußen im Park streift man auf dem meditativen Benediktusweg oder stärkt sich ganz irdisch im dazugehörigen Café oder Restaurant. Als Meisterwerk des Hochbarocks gilt die Stiftskirche, die ohne Führung besichtigt werden kann. Auch in der Burgruine Aggstein begibt man sich auf eine unterhaltsame Spurensuche in die Vergangenheit für die ganze Familie.

MünchenSüd-Tipp:

Zeitgenössische Inspiration finden Kulturbegeisterte im Karikaturmuseum Krems, nur wenige Minuten zu Fuß von der Schiffsanlegestelle Krems/Stein entfernt. Zwischen dem historischen Stadtkern von Krems und der mittelalterlichen Altstadt von Stein entdeckt man ein modernes Stück Zeitgeschichte in Österreichs einzigem Museum für Karikatur, Bildsatire, Comic und Cartoons.

Ein Einheimischer würde vielleicht schmunzelnd hinzufügen: „Wer glaubt, die Wachau für die Bastion einer älteren Radfahrgeneration halten zu können, die nicht viel mehr im Sinn hat als das Donauufer hinauf- und hinunterzufahren und sich abends etliche Viertel Heurigen zu Gemüte zu führen, wäre a „Fetznschedel“ (Dummkopf) oder a „Frischgfangda“ (Neuling). Und der, der es gar fertigbrächte, an den kulinarischen und sonstigen Köstlichkeiten der Wachau unachtsam vorbeizuradeln, wäre keinesfalls a „Feinschbitz“ (Gourmet) und sollte mal zum „Klopfaldokta“ (Psychiater) gehen.“ Soweit ein Streiflicht auf das Wohlklingende wie gnadenlos Entlarvende des österreichischen Zungenschlags.

Die Wachau gilt auf jeden Fall als Geheimtipp, als eines der bezauberndsten Flusstäler Europas, als international renommierte Weinregion und als bevorzugter Treffpunkt für Genießer.